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Mancher lernts nie

Zu dir kommt kein Geld – zu dir nicht.

Erstens kommt Geld überhaupt nur dahin, wo schon etwas ist, Geld kommt zu Geld; in den Dalles fallen nur manchmal die Lotteriegewinne, bei deren Eintrudelung die armen, alten Zeitungsabonnentinnen die mürben Hände über dem Kopf zusammenschlagen und vor Fassungslosigkeit zu weinen anfangen. (Fettdruck.) Darauf geloben sie, sich eine Nähmaschine und eine Gurkenfabrik zu kaufen und fürderhin ein andres Leben zu führen. Das sind so Märchen …

Zweitens kommt zu dir kein Geld, weil du es nicht zündend genug liebst. Na ja, du möchtest es gern haben … aber damit ist es nicht getan. Gern haben? Du sollst nicht nur begehren deines Nächsten Bankkonto – du mußt Geld inbrünstig lieben, dich darauf herumsielen, es in die Körperhöhlungen klemmen, na, lassen wir das. Vor allem aber kommt es nicht zu dir, weil es sieht, wie du es ausgibst. Du gibst es falsch aus.

Nicht verschwenderisch … das ist wieder eine andre Sache. Nein, du gibst es aus, so –: »Bitte, was bin ich Ihnen schuldig? Hier … « Ganz falsch.

Solange du nicht weißt, was Geldauszahlen bedeutet, solange wirst du kein Geld haben. Zahlen ist himmlische Gnade, Barmherzigkeit, Manna, Segen und unendliche Herablassung. Die wird nicht so leicht ausgeteilt, mein Lieber.

Zu dir kommt das Geld nicht, weil du immer noch nicht gelernt hast: Wenn man von dir Geld haben will, so mußt du zunächst einmal das sagen, was jeder normale Mensch sagt, wenn man etwas von ihm haben will: Nein. Der, der von dir Geld haben will, sei dein Gegner, der Gottseibeiuns, dein Todfeind. So mußt du ihn behandeln.

Das will gekonnt sein. Nun komme mir ja nicht und erzähle: Ja, aber der andre hat doch für mich etwas geliefert, gearbeitet, getan … Du Hammel. Als obs darauf ankäme! Er ist der Feind, hör doch.

Sag erst einmal zu ihm: Nein. Dann: »Zeigen Sie mal her. Wieso drei Mark vierzig? Sie sind wohl verrückt?« – Und dann nimm einen Bleistift und streiche an der Rechnung herum. Und dann handele ihm die Hälfte ab. Und dann hol die Brieftasche heraus. Und leg die Rechnung hinein. Und zahle nicht. Und laß den andern warten. Wer zahlt dir? Also.

Und wenn du + + + einmal zahlst, so nach langer, langer Zeit und nach Abzug eines Skontos, den du dir am besten nach dem Diskont in Liberia bei 54 Grad im Schatten ausrechnest –: dann mußt du den, der das Geld von dir zu bekommen hat, ordentlich demütigen. Das kannst du doch für dein Geld verlangen, dass er dasteht und Gott dankt und gewissermaßen den Hut in den Händen dreht. »Na … « mußt du dann sagen: »Na … da! Fang auf! Is jut.« So zahlt man. Früher haben einem die Kerle wenigstens die Hände geküßt; heute geben sie einem eine Quittung … verdammte Zeit. Gibs ihm, wenn dus ihm gibst!

Siehst du: das mußt du wissen, für den Fall, dass du einmal in die ärgerliche Lage kommen solltest, etwas zahlen zu müssen. Zahlen ist: Gnade mit einem Fußtritt. Und besonders für den, der sich nicht wehren kann.

Aber du hörst ja nicht. Und daher kommt zu dir kein Geld – zu dir nicht. Mancher lernts eben nie.

Peter Panter
Die Weltbühne, 13.05.1930, Nr. 20, S. 738.