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Ein Lump

Ich entsinne mich noch sehr genau des Skandals, den es setzte, als inmitten der Inflationszeit Maximilian Harden beschuldigt wurde, er hätte gegen die Auslandshilfe gehetzt. Seine Informationen, die er an das Ausland gegeben hätte, seien geeignet gewesen, Kreditgeber zu verjagen – und so habe er hungernde deutsche Kinder und Notleidende geschädigt. Vaterlandsverräter … und die ganze preußische Musik.

Nun war das nicht einmal richtig. Harden hatte einige Lügen offizieller deutscher Amtsstellen berichtigt – weiter nichts. Aber jetzt:

Als dem Deserteur in Doorn der Aar mit Grundeis ging, gab er dem ›New York American‹ ein Interview, worin er nicht nur seine Befürchtungen darlegte, sondern Amerika aufforderte, einem Lande, das Enteignungen vornähme, keine Kredite zu geben.

Dieser entlaufene Monarch wagt also, die Handelsbeziehungen eines Landes zu stören, weil man ihm nicht rechtswidrige Forderungen erfüllen will.

Wir sind seit Jahren gewöhnt, dass im Kampf zweier Parteien die eine immer den guten Onkel aus Amerika an die Wand malt: Wart, wart! Wenn du nicht willst, was ich will – dann wird dir der Onkel keine Dollars geben! Diese Prophezeiungen sind erlaubt, wenn auch etwas kindlich. Daß aber einer hingeht und den Amerikaner – selbstverständlich erfolglos – aufzuputschen versucht, das ist denn doch neu. Immerhin: kein Zeilenschinder vom ›Berliner Lokalanzeiger‹ läßt ein Wörtchen verlauten – in der ›Deutschen Tageszeitung‹: kein Muck.

So soll denn wenigstens hier stehen, wie er da gehandelt hat, für Geld, für sein eignes Geld.

Wie ein Lump.

Ignaz Wrobel
Die Weltbühne, 13.07.1926, Nr. 28, S. 72.