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Hunnenbriefe

Hunnenbriefe, ein von der sozialdemokratischen Presse im Herbst 1900 geprägtes und rasch verbreitetes Schlagwort zur Bezeichnung von (tendenziösen!) Soldatenbriefen aus China, die von schlimmen Ausschreitungen und Barbareien zu erzählen wussten. Der gehässige Ausdruck hatte eine bestimmte Spitze gegen eine Aufsehen erregende Ermahnung in der Ansprache, womit Kaiser Wilhelm II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven die nach Ostasien abgehenden Truppen verabschiedete. Der Wortlaut der impulsiven Stelle soll der folgende gewesen sein: „Wer Euch in die Hände fällt, sei Euch verfallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen lässt, so möge der Name Deutscher in China durch Euch aus tausend Jahre in einer Weise betätigt werden, dass niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen.“

Vergl. dazu auch die Versicherung des Kriegsministers von Goßler im deutschen Reichstag vom 19. Nov. 1900: „Folgen, wie sie Herr Bebel hier zur Sprache gebracht hat, sind also, selbst wenn die Rede seiner Majestät zu einem Missverständnis hätte führen können, völlig ausgeschlossen. Im „Vorwärts“ spielen die „Hunnenbriefe“ jetzt fast täglich eine große Rolle; und der Ausdruck „Hunnen“ ist auf eine Rede seiner Majestät in Bremerhaven zurückgeführt worden.“

Die Lebensdauer dieser Verhöhnung ist aber, wie das bei solchen aktuellen Stichworten zu gehen pflegt, im ganzen auf die Zeit des Chinafeldzugs beschränkt geblieben.