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Jacob Voorhoeve Homöopathie in der Praxis III. Behandlung der Krankheiten und erste Hilfe VI. Krankheiten des Nervensystems

[11. Schlagfluß (Gehirnschlag, Schlaganfall, Apoplexie)]

11. Schlagfluß (Gehirnschlag, Schlaganfall oder Apoplexie). Wenn jemand plötzlich, ohne vorhergegangene Krankheit stirbt oder plötzlich das Bewußtsein und die Kraft, die eine Hälfte seines Körpers zu bewegen, verliert, dann pflegt man zu sagen, daß ihn "der Schlag gerührt" habe. Die Ursache dieser Krankheit ist eine Zerreißung von kleineren oder größeren Blutgefäßen im Gehirn, wodurch ein Austritt von Blut in die Gehirnmasse stattfindet. Bei Personen, welche an Aderverkalkung leiden, bei alten Leuten, bei solchen, welche schnell korpulent wurden, bei Herz- und Nierenkranken kann durch eine außergewöhnliche Kraftanstrengung, eine heftige Gemütsbewegung oder durch starken Blutandrang nach dem Kopfe ein Schlaganfall verursacht werden. Als Vorboten gehen zuweilen Schwindel, Ohrensausen, schwankender Gang, Vergeßlichkeit und Gleichgültigkeit vorher; der eigentliche Anfall tritt unerwartet und plötzlich auf. Der Kranke verliert das Bewußtsein, fällt zu Boden, die Atmung ist erschwert und röchelnd, das Gesicht ist blaurot, die Augen sind stier, die Pupillen erweitert, der Puls ist verlangsamt; der Mund ist schief, verzerrt, Arm und Bein der einen Seite hängen schlaff herab, Urin und Stuhl werden unwillkürlich entleert. Dauert die Bewußtlosigkeit länger als zwei Tage und bleiben die Pupillen unverändert, dann ist der Zustand höchst bedenklich. Der Anfang der Besserung kündigt sich durch die Wiederkehr des Bewußtseins an. Der Kranke wird allmählich wieder besser und bekommt die Herrschaft über seine Glieder und die Sprache zurück. Oft bleiben jedoch auch traurige Folgen des Schlaganfalls zurück, indem die Sprache mangelhaft und eine Lähmung eines Armes oder Beines bestehen bleibt. Stets bleibt die Gefahr einer Wiederholung des Schlagflusses bestehen.

Die erste Hilfe, welche man bis zur Ankunft des Arztes leisten kann, be­steht im Aufrichten und Zubettbringen des Kranken, dann entferne man alle engschließenden Kleidungsstücke von dem Kranken, bringe ihn in die Rückenlage, wobei der Kopf hochgelagert werden muß und gebe ihm alle ¼ Stunde 5 Tropfen Arnica 3, wenn nötig, d. h. wenn das Gesicht rot und aufgedunsen ist, in Wechsel mit Bellad. 4. Auf den Kopf lege man eine Eisblase, mit kaltem Wasser gefüllt und an die Füße einen Krug mit heißem Wasser, der mit einem nassen Tuch umwickelt ist. Hiermit hat man alles getan, was man als Laie in einem solch schwierigen Fall tun kann. Der Arzt wird zuweilen noch Klistiere, das Setzen von Blutegeln hinter die Ohren oder andere Mittel verordnen, und, wenn Besserung eintritt, nach einigen Wochen gegen die Lähmung den elektrischen Strom anwenden. Für diejenigen, welche ärztliche Hilfe durchaus nicht erlangen können, nennen wir noch folgende Mittel: Opium 3—6, bei Schlafsucht und röchelndem Atmen; Baryt. carb. VI—III bei alten Leuten; Nux vom. 4 bei Personen, welche eine sitzende Lebensweise geführt und Alkoholgenuß übertrieben haben; Phosph. 6 bei an Lungenerweiterung Leidenden; Zinc. cyanat. IV bei Krämpfen; Kaffee oder Wein bei Herzschwäche und schwachem Puls; gegen die Lähmungen Rhus tox. 4, Caust. 6, Einreibungen mit verdünnter Rhus-Tinktur, Massage, Heilgymnastik und Elektrizität.

Von der größten Wichtigkeit sind die Maßregeln, welche der Kranke treffen muß, um die Wiederholung eines Schlaganfalles zu verhüten. Diese sind auch wichtig für alle, welche zu Schlaganfall geneigt sind, besonders also für alte Leute mit harten Blutgefäßen und für Personen im Alter von 40—60 Jahren, welche schnell korpulent geworden sind. Solche müssen alles vermeiden, was Blutandrang nach dem Kopf verursacht, besonders enge Halsbekleidung, anhaltendes Sitzen, Lesen oder Studieren, anstrengendes Bücken, schnelles Laufen, langes Schlafen nach dem Essen und zu Tiefliegen mit dem Kopfe. Sie müssen für geregelten Stuhlgang sorgen, eine Diät, frei von Kaffee und Alkohol und reich an Gemüse und Obst, befolgen, viel Buttermilch trinken, täglich einen Spaziergang machen und stets für warme Füße sorgen. Treten obengenannte Vorboten auf, dann ist es ratsam, einen Arzt zu konsultieren.



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