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Mittel gegen Wechselfieber

Von den zahlreichen Hausmitteln gegen Wechselfieber sind folgende nach der Erfahrung die wirksamsten:

1) der Schrecken. Ein beherzter Mann, der lange Offizier gewesen, fürchtete sich vor Ratten. Da er einst am viertägigen Fieber litt, kommt er in ein Zimmer und sieht in der Ecke eine Ratte sitzen, die, da sie nicht entfliehen konnte, auf ihn zulief, jedoch ohne ihn zu beißen. Er erschrak heftig und das Fieber verließ ihn. (Rob. Boyle, some considerations touching the usefulness of experimental natural philosophy. Oxford 1664 pag. 218).

2) In einigen Gegenden Südamerikas, wo Wechselfieber endemisch sind, sieht man viel Bewegung und eine halbe Bouteille alten Madeiras für die besten Schutzmittel gegen diese Krankheit an.

3) Um sich von den bösartigen Wechselfiebern ungesunder Gegenden, in denen sie einheimisch sind, zu befreien, bleibt oft nichts übrig, als auf eine Zeit lang die Himmelsgegend mit einem gesunderem Klima zu vertauschen. Die Engländer, welche in Ostindien von bösartigen Wechselfiebern befallen werden, gehen auf einige Zeit nach dem Kap der guten Hoffnung. (S. Reginald Hobe’s — Lord Bishop of Calcutta — narrative of a journey through the upper provinces of India. London 1829. Ed. 4. Vol. 11. pag. 162). Oft ist es schon genug, die niedrig liegenden Teile einer Stadt oder eines Dorfes zu verlassen und auf die höher liegenden trockenen zu ziehen, die Nähe der Sümpfe und stehenden Gewässer zu meiden, eine feuchte Parterrewohnung, die etwa über einem verschütteten Brunnen oder feuchten Keller befindlich ist, mit einer trockenen Wohnung im oberen Stock des Hauses zu vertauschen, — und das Fieber verschwindet ohne Arzneigebrauch.

4) Auch das Eintauchen in die See hat man in neueren Zeiten in England wieder versucht, und bei zwei hartnäckigen Tertianfiebern hilfreich gefunden. Es wurde bei den ersten Symptomen des Frostes angewandt, darauf die Kranken trocken gerieben und ins Bett gelegt. (Med.-chir. Zeitung 1819. Bd. 4. S. 91). Dies Mittel ist auch in Persien gebräuchlich. (Chardin, voyage en Perse. Amsterdam 1735. T. III).

5) Um den erstarrenden Fieberfrost früher zu heben und Wärme und Leben zurückzurufen, lässt man eine Blase, mit heißem Wasser oder Wein gefüllt, auf die Magengegend legen; oder: Kompressen mit warmen Branntwein angefeuchtet, oder die Milz eines frisch geschlachteten Tieres.

6) In heißen Tropenländern vergraben sich Fieberkranke in den heißen Sand, um zu schwitzen, und tauchen gleich darauf in einem Flusse oder in der See unter. (B. Moseley a treatise on tropical diseases. Ed. 4. p. 72).

7) In der Gegend von Rom setzen sich die Landleute, wenn sie am kalten Fieber leiden, vor dem Eintritt des Paroxysmus der heißen Sonne aus, in der Absicht, den Anfall dadurch gelinder zu machen oder ihm ganz zu entgehen. Dieses Mittel heilt zwar nicht immer das Fieber, bekommt aber, wie ich dieses an mir selbst früher erfahren, sehr wohl und erleichtert den Fieberfrost.

8) Nach Osiander (a. a. O. p. 255) sind auch als Hausmittel gegen das kalte Fieber starke Hautreize, die gewöhnlich auf die Handwurzeln, da, wo man den Puls fühlt, angebracht werden, gebräuchlich. Man wendet sie einige Stunden, oder kürzer, vor dem Eintritt des Frostes an, den sie dann oft verhüten. Sie erregen Schmerz, Hitze und Schweiß, wodurch zuweilen schon der nächste Fieberanfall vermindert oder auch ganz gehoben werden soll. Dahin gehören: Senfmehl und Essig, auch zerquetschter Knoblauch. In Persien bedient man sich in dieser Absicht eines Pflasters aus dem Fett von Schafschwänzen, aus Zimt, Nelken, Cardamum, welches auf die Stirn, den Magen und die Füße gelegt wird. (Chartin). — Ein englisches Volksmittel ist noch zerquetschte Spinnen und Tabak auf die Magengegend gelegt. In derselben Absicht rühmt schon Rosenstein in Schweden geschnittenen Tabak, zerriebenes saures Brot und Essig; Andere loben Schafgarbe, welche erwärmt in einem leinenen Beutel auf die Herzgrube und die Füße gelegt wird, — ein englisches Volksmittel.

9) Ein sehr wirksames russisches Volksmittel ist das allenthalben wildwachsende Kraut der sogenannten Hirtentasche (Herba thlaspeos bursae pastoris), welches Dr. Gessling (Scherer’s Nord. Annalen der Chemie, Bd. VIII. Heft I, S. 30) empfiehlt. Von 33 Fällen, worunter 21 Tertianae und 12 Quotidianae waren, wurden 24 und von 69 anderen, worunter 24 Quotidianae, 43 Tertianae und zwei Quartanae waren, wurden 19 Quotidianae, 36 Tertianae und ein Quartana durch dieses Kraut geheilt. Die Dosis des trockenen Krautes ist ein halbes bis ein Quäntchen, einige Minuten vorher in Kornbranntwein mazeriert und zwei Stunden vor oder eine Stunde nach dem Anfall gereicht. In schlimmen Fällen gibt man vier bis sechs Dosen während der einen fieberfreien Zeit. Bei reizbaren Personen entsteht darnach Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Hilft es in einer Zeit von drei fieberfreien Zeiträumen nicht, so hört man wegen gefährlicher Nachkrankheit damit auf. Sind Unreinigkeiten im Magen da, so muss ein Brechmittel dem Gebrauche vorhergehen.

10) Fünf bis acht bittere Mandeln, für einen Erwachsenen, Morgens nüchtern (Hufeland’s Journal 1809. VIII. 3. und Salzb. med.-chir. Zeitung 1818. S. 147), oder auch dreimal des Tages, klein gestoßen oder gekaut eingenommen. Bei zwölf Kranken hat sich darnach das Fieber schnell verloren (Rust’s Magaz. 1826, S. 392).

11) Kamillenblumen. Sie sind unter den deutschen Volksarzneimitteln das allergebräuchlichste und erste Mittel, welches nie schaden kann; ja es zog es F. Hoffmann im Wechselfieber selbst der China vor. Er ließ die Blumen, gepulvert, dreimal des Tages zu einem Quäntchen in den fieberfreien Tagen nehmen.

Ein starker Kamillentee, bereitet von drei Handvoll Kamillenblumen und einem Maß kochendem Wasser, den Tag über lauwarm oder kalt getrunken, hat nach eigenen Erfahrungen in zahlreichen Fällen ein- und dreitägliche Wechselfieber in kurzer Zeit geheilt. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass zur Verhütung der Rückfälle bei dem täglichen Wechselfieber am fünften, sechsten und siebenten Tage, bei den dreitäglichen am 11., 12. und 13. Tage der Gebrauch des oben genannten Kamillentees durchaus wieder in Anwendung gebracht werden muss. Sollte dennoch ein Rückfall sich ereignen wollen und Fieberfrost eintreten, so muss der Kranke fünf bis sechs Tassen heißen, starken Kamillentee m einigen Minuten trinken und einen Umschlag von drei Handvoll mit kochendem Wasser zu einem Brei gemachten Kamillenblumen auf die Magengegend legen. Dadurch wird der Anfall entweder ganz vermieden oder doch sehr vermindert.

12) Ein dänisches Volksmittel gegen das kalte Fieber ist ein Pulver aus gleichen Teilen Muskatnuss, Alaun und Kochsalz (von jedem etwa sechs bis zwölf Gran) jeden Morgen genommen. Dasselbe hatte in einem schlimmen Falle so günstige Wirkung, dass die dritte Portion nicht mehr nötig war. (Act. reg. soc. med. Havn. III. p. 249).

13) Spinnweben, durch Klopfen auf einem Rohrstuhl gereinigt, mit Butter klein gehackt und auf Brot gestrichen, zu verzehren, ist ein sehr wirksames Mittel gegen Wechselfieber. Es sind 30 bis 40 Gran hinreichend, um nach ein- oder zweimaliger Anwendung selbst hartnäckige Wechselfieber zu vertreiben. Vor 34 Jahren gebrauchte mein sei. Vater auf Anraten des Hofrats Dr. Faust in Bückeburg dieses Mittel bei zehn armen Bauernknaben. Sie verzehrten auf der Hausflur meiner elterlichen Wohnung sämtlich ihr zusammengeklapptes, mit Spinnweben aus unserem Kuhstalle versehenes Butterbrot, und acht von ihnen wurden dadurch vom Fieber befreit. Auch in neuerer Zeit sah man gute Wirkungen von dem Mittel, welches, nach Chapman (Elem. of Therap. II. p. 230), auch die Indianer in Nord-Carolina gegen kalte Fieber kennen. (S. Rust, Magaz. 1825. Bd. 19, S. 516).

14) Vor 30 und mehreren Jahren war ein beliebtes Hausmittel gegen Wechselfieber, welche damals im Schaumburgischen und im Hannoverschen grassierten, ein bis zwei Tassen starker schwarzer Kaffee mit Zitronensaft, des Morgens nüchtern in den fieberfreien Tagen genommen. Einzelne Fieberkranke tranken auch diesen Kaffee kurz vor dem Anfall mit Nutzen.

15) Dr. Fuhrmann (s. Kneschke’s Summarium 1839) lobt die frische Rinde der Bruchweide (Salix fragilis L.) als ein bewährtes Mittel gegen Wechselfieber; ja er zieht sie, gestützt auf mehrere glückliche Versuche, selbst der China vor; denn sie heilt sowohl manifeste als larvierte, antizipierende und postponierende Intermittentes. Die Rinde wird von ein- bis zweijährigen Bruchweidenruten, sogenannten Felberruten, abgezogen, klein geschnitten, ein Lot davon, wenn sie zuerst getrocknet wurde, oder zwei Lot von frisch abgezogener, werden mit ein halb Pfund Wasser bis auf ein Drittel oder zwei Unzen eingekocht und noch lauwarm, eine Stunde vor dem Fieberanfall, auf einmal getrunken. Delikaten Kranken kann sie auch mit Zucker oder gemeinem Sirup versüßt werden. Sie ist wirksam, mag sie im Frühjahr, Sommer oder Herbst, ja selbst im Winter gesammelt sein. Dies Alles und nächstdem der geringe Preis stellen diese Rinde — sagt F. — weit über die China, sodass sie häufiger gegen Wechselfieber angewendet werden sollte. Zur Bestätigung des Angeführten teilt F. nachstehende Fälle mit: 1) Vor sieben Jahren bekam ein Schneider eine F. larvata und wurde sehr mühsam durch China geheilt. Jetzt bekam er dasselbe Übel und er raste während der Anfälle, wobei die ganze rechte Hälfte des Gesichts sehr schmerzte. Nach drei Gaben des Dekokts der Weidenrinde, frisch von den Ruthen abgeschabt, war er ganz hergestellt. Ebenso schnell heilte Fuhrmann zwei-, drei- und viertägige Wechselfieber durch die Abkochung von einer Unze frischer Bruchweidenrinde. Das Mittel ist in unserer Gegend auch schon lange als ein sehr wirksames Fiebermittel bekannt. Noch vor wenigen Wochen wurde dadurch ein junges Frauenzimmer von einer Intermittens larvata befreit. Die Mutter desselben, der ich die Bruchweidenrinde als etwas Neues empfahl, versicherte, schon im Jahre 1806 damit viele Wechselfieberkranke in Ribnitz geheilt zu haben. — Das allgemeine Fiebermittel der Ägypter ist Calaf, d. i. Wasser über die Blumen einer Salix abgezogen. (S. Osiander a. a. O. Seite 13).

16) In Pommern gebraucht der Landmann gegen das kalte Fieber folgendes einfache Hausmittel: Ein frisch gelegtes Hühnerei wird in einer halben Flasche kalten guten Rotwein aufbewahrt und zwar 24 Stunden lang. Das Ei nimmt man sodann heraus und trinkt den Wein nach Belieben in einem oder zwei Tagen aus.

17) Zu den einfachen, wohlfeilen Fiebermitteln, die in neueren Zeiten vielfach gerühmt sind, gehört auch die gepulverte Holzkohle. Man lässt davon in der fieberfreien Zeit alle ein bis zwei Stunden ein Quäntchen nehmen und soll oft nur zwei Unzen zur Vertreibung der Anfälle nötig haben. Das Mittel scheint aus Sizilien abzustammen, wo, nach neuem Nachrichten, 105 Fieberkranke, ohne einen Arzt zu Hilfe zu rufen, sich damit vom Fieber befreit haben sollen. (Journal de pharmacie 1815. p. 217. — Horn’s Archiv 1815, S. 161. — Med.-chir. Zeitung 1818. II. S. 243). Ein französisches Volksmittel ist auch die Centaurea calcitrapa, wovon man zwei Handvoll in rotem Wein kocht und den Kranken kurz vor dem Anfall davon zwei bis drei Tassen voll trinken lässt. (S. Osiander l. c. p. 265).

18) Zur Zeit und in den Gegenden, wo wegen ihrer sumpfigen Lage oder wegen der Ausdünstungen des mit Seewasser vermischten Brachwassers in Küstenländern kalte Fieber endemisch herrschen, schützt man sich am besten dadurch, dass man täglich zwei bis dreimal einen kleinen Schnaps, von folgenden Spezies bereitet, trinkt:

Nr. 33. Nimm: Kalmuswurzel, Kamillenblumen, von jedem ein Lot, Bitterkleeblätter, Wermutkraut, von jedem zwei Lot. Alles wird zerschnitten und in eine hinreichend große Flasche getan, zwei Pott (der Pott = 32 Unzen) guten Kornbranntweins darauf gegossen und dann die Flasche 24 Stunden in die Sonnen- oder Ofenwärme gesetzt; auch zuweilen tüchtig umgeschüttelt (wer keinen Branntwein vertragen kann, muss dieselbe Quantität Wein statt des erstem daraufgießen) und davon täglich ein bis zwei kleine Gläser trinken. Auch zur Zeit der hier in Rostock herrschend gewesenen asiatischen Cholera (1832) war dieser bittere Branntwein (oder Magenwein) ein recht gutes Präservativ vor der Seuche.

19) Ein französisches Volksmittel gegen Wechselfieber ist noch Schiesspulver, mit etwas Essig zu einem Brei gemacht, auf Leinwand gestrichen, um den linken Ringfinger festzubinden. Die Kur wird dadurch noch unterstützt, dass man die Brust und den Leib des Kranken mit Franzbranntwein täglich wäscht und hinterher mit Flanell reibt.

20) Dreißig Pfefferkörner (Piper nigrum) mit einem Glas Rum eingenommen, befreiten einen deutschen Offizier, der, kurz nach dem Rückzuge aus Russland im Jahre 1812, am kalten Fieber litt, von fernem Anfällen (Osiander a. a. O. 258). Übrigens ist der schwarze Pfeffer ein altes bekanntes Volksmittel in Deutschland, Frankreich und Italien gegen kalte Fieber, auch wurde in neueren Zeiten das Mittel vom Dr. Ludwig Frank in Parma wieder empfohlen. Frank hat damit allein viele Wechselfieberkranke schnell geheilt, indem er 10—16 Pfefferkörner zweimal täglich nehmen ließ. Das Fieber blieb meistens schon den fünften oder sechsten Tag aus. (Med.-chir. Zeitung 1821. Bd. 1, S. 144). Die neue Bestätigung dieses einfachen Mittels durch drei verschiedene Ärzte findet man in Rust’s Magaz. 1824. Bd. 16, S. 116. — Dominico Meli heilte 200, L. Frank 126 Wechselfieberkranke damit, indem sie alle zwei bis drei Stunden fünf bis fünfzehn Körner in Substanz, Meli den wirksamsten Bestandteil des langen und schwarzen Pfeffers, das im Jahre 1819 von Oersted entdeckte, von Pelletier alkalischer Natur erkannte Piperin (Piperinum) in der Gabe zu sechs bis acht Granen, gaben. Mehr als Zweidrittel Quäntchen Piperin waren selten zur Vertreibung des Fiebers nötig. Nach meinen Erfahrungen, die auch Werneck, Radius und Wutzer bestätigen, steht das Mittel aber dem schwefelsauren Chinin und dem Dekokt. Salicis fragilis bedeutend nach. Das heiße und flüchtige Pfefferöl (Oleum Piperis aethereum), welches gegen Lähmungen und Magenschwäche alter Säufer zu einem bis fünf Tropfen in Branntwein zu empfehlen ist, hat auch in derselben Gabe und gleichfalls in Branntwein genommen, kalte Fieber geheilt. Ebenso Krummholzöl (Oleum Pini) mit Branntwein, als französisches Volksmittel. Außerdem kenne ich noch: frisches Eigelb in einem halben Schoppen weißen Wein gerührt; als englisches Volksmittel: einen Esslöffel voll Terpentinöl oder Lichtschnuppen mit Muskatnuss. In Dänemark trinkt der Landmann Essig, worin ein Ei so lange gelegen hat, bis es schwarz wird.

Die hier genannten Mittel werden vor dem Frostanfall eingenommen. Während desselben passen sie nicht. Alles, was der Kranke in gewöhnlichen Fällen nötig hat, ist warmer Kamillentee während des Frostes, und Zuckerwasser oder Limonade während der nachfolgenden Fieberhitze. (S. Anhang III.)