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Logische Ellipse

Unter der logischen Ellipse versteht man ungefähr die Weglassung eines ganzen Satzes, also eines ganzen Gedankens in einem zusammengesetzten Satze. Ich finde in einem verbreiteten Lehrbuch das folgende Beispiel: "Wenn er sich nur nicht irrt (so freue ich mich)!" Dieses ergänzte "so freue ich mich" ist echt schulmeisterlich. In Wirklichkeit ist bei diesen Redewendungen, die sich alle durch starke Empfindungstöne verraten, die menschliche Heuchelei immer in Gefahr. Der Sinn ist doch eigentlich: ich sage voraus, dass er sich irrt, und hoffe, dass ich recht behalte. Das "wenn" allein würde diese gemischte Empfindung nicht ausdrücken können; sie liegt aber, ohne jede logische Ergänzung, in dem "wenn nur" und in der Situation.

Denkt man bei der menschlichen Rede aber gar weniger an Predigten, Schüleraufsätze, schlechte Romane, Berichte und andere Leistungen der schriftlichen Sprache als an die Sprache zwischen den Menschen, an das einsilbige oder doch kurze Frage- und Antwortspiel zwischen zwei Genossen, so wird der Begriff der logischen Ellipse vollends unhaltbar. Und was oben gesagt worden ist, dass nämlich nicht Worte, sondern die begleitenden Umstände die nähere Erklärung abgeben, das trifft noch im höhern Maße für die Fälle zu, die man für logische Ellipsen zu erklären geneigt ist. Man achte etwa auf das Gespräch zwischen zwei Fischern in einem Boot, zwischen dem Bauer und seinem Knecht auf dem Acker. Die begleitenden Umstände sind beiden so wohl bekannt, dass ein vollständiger einfacher Satz ihnen ebenso lächerlich erscheinen müßte, wie dem Kellner meine ausführliche Bierbestellung. Es suchen die Fischer z. B. eine passende Stelle zum Auslegen der Heringsnetze. A. Petersen hat uns da nichts darein zu reden (wenn er auch Ortsvorsteher ist). B. (aber) er hat gestern den meisten Fisch gehabt (ist also auch ein kluger Mann). A. Etwas weiter (als die andern ihre Netze legen). B. (wir wollen eilen; es kann ein Wetter geben, denn) dort sieht es (von einer aufsteigenden Wolke) schwarz (aus) usw. usw.

Wir wissen, dass nur gar zu oft das Subjekt, auch das Subjekt im weitesten Sinne, nicht ausgesprochen zu werden braucht, dass das Prädikat allein genügt. Das unaufhörliche Subjekt des menschlichen Denkens ist das Ich, und das Prädikat ist die Welt, welche das Ich wahrnimmt. Jede Zusammenfassung dieser Wahrnehmung durch ein Prädikat könnte man also eine Ellipse nennen. Vollständig wäre eigentlich nur die sprachlose Sinneswahrnehmung. Die Tiere mögen ohne Ellipse denken, nach dem Herzen der Grammatiker.

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