Gärten


[D 211]

DEN 20ten DEZEMBER 1773.  

Vielleicht ließe sich keine üble Allegorie auf den gegenwärtigen Zustand der Kritik machen, wenn man Gärten so nähme wie Swift Kleider im Märchen von der Tonne. Steine hinein schmeißen, Gewächshäuser einbrechen, schiessen mit Blasrohren gegen die Fenster in die Glashäuser. Sie haben den englischen Grad nicht, der Himmel ist ihnen gar nicht günstig, die Pflanzen indianische Pflanzen, die mit dem ersten Winter verfrieren. Eine gewisse Art Sandratzen, die noch in der Gegend von Frankfurt häufig anzutreffen sind. Endlich tat sich ein Garten hervor (Georgia Augusta), wo Überfluß an allem war, man verkaufte den Samen sehr wohlfeil, und man konte um ein geringes die Ananas ziehen lernen, wofür [man] an [andern] Orten zwar auch wenig nahm, aber es auch nicht lernte. Streit mit Grabscheiden, Rechengabeln, Hacken und Harken. Einige stecken nur immer grüne Bäume in die Erde, die sie nach den Moden verändern können (die Köpfe die sich nach.) Horti pensiles. Einer hatte einen neuen Pflug erfunden und sein Garten stand wüste und ob er gleich ein großes Feld hatte, so muste er doch sogar seine Petersilien kaufen. Einen wollten sie nach dem himmlischen Jerusalem gebaut haben. Ein Vorschlag, von einer besonderen Kanone den Nessel-Samen in anderer Leute Gärten wenigstens auf eine Viertel deutsche Meile weit zu schießen. Bahrd versucht ihn mit Windbüchsen hineinzuschießen. Da sprach ein Mann, der lange als ein sehr vernünftiger Mann bekannt war, ich will auch einmal einen Garten anlegen, er hieß Gerlach (: Münchhausen :). Er zog die besten Gärtner aus anderen Gärten an sich, wenn nun die andern Gärtner sahen, dass einer hingezogen wurde, da hätte man sehen sollen, sie steckten sich hinter die Hecken, einige suchten ihm Kletten in die Haare zu werfen, andere warfen ihm zerdrückte Schwarzkirschen auf sein Kleid, noch andere schmissen faule Äpfel, etliche wollten ihn aus ihren Gieskannen begießen, ja einige, die keine Gießkanne hatten, pissten nach ihm, die Kley Länder warfen mit harten Schollen. Durchaus müssen die Gärten die Universitäten und die Bäume die Bücher sein. Gerlach hatte es ausdrücklich verboten, dass keiner seiner Gärtner einem andern einen Streich spielen solte, die Nessel-Samen-Büchsen wurden konfisziert, und das Hauptgebot war den Garten rein zu halten, das Unkraut zu verbrennen und ja nicht in andrer Leute Gärten, ja nicht einmal vor ihre Türen zu werfen. Durch dieses Verfahren Gerlachs, welches, wie wir heutzutage auch noch an einigen Gelehrten vom ersten Rang bemerken, immer das Kriterium ist, woran [man] die große Seele und ein gewißes tugendhaftes Bewußtsein einer eingestandenen Überlegenheit ganz untrüglich erkennt, ärgerten sich einige Gärtner, daß sie ganz abfielen, andere wollten des Teufels werden, andere wollten auch was ziehen, forcierten ihre Bäumchen, dass sie abstarben. Damals tat sich eine Gesellschafft zusammen, die man die Sachsenhäußer nannte, die pflantzten ihr bischen Gemüse hinter einer Mauer, weil es aber Leute waren, die sehr gereist taten, so gesellten sich manche aus andern Gärten zu ihnen, die nur des Nachts (anonym:) hingingen und ihre Kartoffeln hüteten. Darunter war einer, der sich einen Maulbeerbaum pflanzte, der wircklich nicht übel war, worunter nunmehr die Sachsenhäußer doch ein bischen Dach hatten, weil ehmals ein Mann in England sich auch durch einen Maulbeerbaum berühmt gemacht hatte, so verglichen sie ihn mit jenem, so wie wir die Könige Götter der Erde nennen. Aber die Sachsenhäußer müssen den englischen Maulbeerbaum nicht gesehen haben, ich habe gehört, dass ein Zweig von dem englischen 10mal dicker ist als der Stamm von dem Sachsenhäuser. Zu diesem gesellte sich auch ein sogenannter Pilgrim, der in seiner Jugend auf Bitte seiner Eltern eine Reise in das gelobte Land getan hatte, ein närrischer Teufel von einem Kerl, dieser kam auf den drolligten Einfall einen gewissen prächtigen Garten, den ein vortrefflicher Kopf zu einem Gärtner Namens Martin in einem großen Geschmack angelegt hatte, ins kleine zu bringen. Martin hatte die Idee zu seinem Garten aus der heiligen Geschichte genommen. Dieser Mann stellte den Ölberg mit seinem Gärtchen vor und hinten hat er auch den Berg Golgatha und Libanon angebracht. Es war wircklich drollig anzusehen, statt der ewigen Ceder des Libanons hatte er, weil er keine Nadelhölzer klein genug haben konnte, Rosmarin genommen und vergoldet, Haselnüsse daran gebunden, der Berg Golgatha war von papier maché, neben auf der Seite saß Judas Ischariot, den der Bahrdt gut charakterisierte bei einer Bowle Punch und rauchte Tabak. Der Eingang in den Garten war mit einer Tür von kostbarstem eisernem Laubwerck, das aus Schnupftobacksblei hier zierlich gehackt war, verschlossen, und oben darüber war das Stadwappen von Jerusalem und ob es gleich sehr klein war, so konte man doch die 2 verschlungenen P. P. die nicht wie einige glauben Professor Publicus, sondern Pontius Pilatus bedeuteten, deutlich lesen. Das schönste soll gewesen sein der Bach Kidron, dieser war von dem schönsten Zindel den man in Frankfurt haben konte, und unter dem Bach Kidron war ein Trommel-Rad, worinn ein Eichhörnchen saß, wenn nun das Eichhörnchen das Trommel-Rädchen trieb, so fing der Bach Kidron an zu laufen als wenn er leibte und lebte. Alles war mit den feinsten Hecken aus Wachspapier eingefaßt, hinter welchen Wachslichtchen angezündet stunden. Dieser Mann wurde durch den Beifall, den er mit seinem Ölberg erhielt (denn es ist nicht zu sagen, was für eine Menge von Dienstmädchen und Kindern allen Abend, wenn die Lichterchen angesteckt wurden, sich versammelte, um das verschlungene P. P. zu suchen und die Kinder auf den Armen sagten p. p.) ich sage durch diesen Ruhm, welchen die ersten Sachsenhäußer noch mehr, wenn sie ihre Kartoffeln zu Markt brachten, erzählten, aufgemuntert, nahm er sich vor, noch andere biblische Geschichten auszuarbeiten, und weil er keinen Baum recht zum gedeihen bringen konnte, Raritäten-Kästen auf den Kauf zu machen. Hier sind nun hauptsächlich hereinzubringen die Journale und Zeitungen, einige fromme Wünsche der Rezensenten als zE. Deutsche Charaktere zu liefern, Original zu sein pp.

 


 © textlog.de 2004 • 19.03.2024 03:33:59 •
Seite zuletzt aktualisiert: 15.04.2006 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright  A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  X  Z