Lachen


Sowie es, der Sage nach, dem (Pythagoräer) Parmoniskus ging, welcher in der throphonischen Höhle die Fähigkeit zu lachen verlor, aber auf Delos sie wiederbekam beim Anblick eines unförmlichen Klotzes, welcher als Bildnis der Göttin Leto ausgestellt wurde, gerade so ist es mir ergangen. Als ich sehr jung war, da verlernte ich in der throphonischen Höhle das La-chen; als ich die Augen aufschlug und die Wirklichkeit betrachtete, da fing ich an, zu lachen, und habe seit dieser Zeit hiermit nicht aufgehört. Ich habe gesehen, dass die Bedeutung des Lebens darin besteht, ein Brot, eine Verfolgung zu bekommen, das höchste Ziel darin, Justizrat zu werden; dass das heiße Verlangen der Liebe darauf hinausgeht eine gute Partie zu ma-chen; dass der stetige Genuß der Freundschaft so viel heißt, als einander in Geldverlegenheiten auszuhelfen; dass die Weisheit nichts weiter ist, als was eben die meisten dafür gelten lassen; dass Begeisterung so viel heißt, als eine Standrede zu halten; dass der Mut sich darin bewährt, es darauf zu wagen, dass man in 10 Rbd. Mulkt verurteilt werde; dass Herzlichkeit bedeutet, nach einem Diner zu einander: »Wohl bekomm's! gesegnete Mahlzeit!« zu sagen; die Frömmigkeit darin, einmal im Jahre zum Abendmahl zu gehen. Das habe ich gesehen, und ich lache.

 

* * *


 © textlog.de 2004 • 28.03.2024 09:29:41 •
Seite zuletzt aktualisiert: 22.01.2006 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright