Disputation

 

 

Unterm güldnen Baldachin

Und umrauscht vom Hofgesinde

Sitzt der König und die Kön'gin;

Diese gleichet einem Kinde.

 

Ein französisch stumpfes Näschen,

Schalkheit kichert in den Mienen,

Doch bezaubernd sind des Mundes

Immer lächelnde Rubinen.

 

Schöne, flatterhafte Blume -

Daß sich ihrer Gott erbarme -

Von dem heitern Seineufer

Wurde sie verpflanzt, die arme,

 

Hierher in den steifen Boden

Der hispanischen Grandezza;

Weiland hieß sie Blanch' de Bourbon,

Doña Blanka heißt sie jetzo.

 

Pedro wird genannt der König

Mit dem Zusatz der Grausame;

Aber heute, milden Sinnes,

Ist er besser als sein Name.

 

Unterhält sich gut gelaunt

Mit des Hofes Edelleuten;

Auch den Juden und den Mohren

Sagt er viele Artigkeiten.

 

Diese Ritter ohne Vorhaut

Sind des Königs Lieblingsschranzen,

Sie befehl'gen seine Heere,

Sie verwalten die Finanzen.

 

Aber plötzlich Paukenschläge,

Und es melden die Trompeten,

Daß begonnen hat der Maulkampf,

Der Disput der zwei Athleten.

 

Der Gardian der Franziskaner

Bricht hervor mit frommem Grimme;

Polternd roh und widrig greinend

Ist abwechselnd seine Stimme.

 

In des Vaters und des Sohnes

Und des Heil'gen Geistes Namen

Exorzieret er den Rabbi,

Jakobs maledeiten Samen.

 

Denn bei solchen Kontroversen

Sind oft Teufelchen verborgen

In dem Juden, die mit Scharfsinn,

Witz und Gründen ihn versorgen.

 

Nun die Teufel ausgetrieben

Durch die Macht des Exorzismus,

Kommt der Mönch auch zur Dogmatik,

Kugelt ab den Katechismus.

 

Er erzählt, daß in der Gottheit

Drei Personen sind enthalten,

Die jedoch zu einer einz'gen,

Wenn es passend, sich gestalten -

 

Ein Mysterium, das nur

Von demjen'gen wird verstanden,

Der entsprungen ist dem Kerker

Der Vernunft und ihren Banden.

 

Er erzählt: wie Gott der Herr

Ward zu Bethlehem geboren

Von der Jungfrau, welche niemals

Ihre Jungferschaft verloren;

 

Wie der Herr der Welt gelegen

In der Krippe, und ein Kühlein

Und ein Öchslein bei ihm stunden,

Schier andächtig, zwei Rindviehlein.

 

Er erzählte: wie der Herr

Vor den Schergen des Herodes

Nach Ägypten floh, und später

Litt die herbe Pein des Todes

 

Unter Pontio Pilato,

Der das Urteil unterschrieben,

Von den harten Pharisäern,

Von den Juden angetrieben.

 

Er erzählte: wie der Herr,

Der entstiegen seinem Grabe

Schon am dritten Tag, gen Himmel

Seinen Flug genommen habe;

 

Wie er aber, wenn es Zeit ist,

Wiederkehren auf die Erde

Und zu Josaphat die Toten

Und Lebend'gen richten werde.

 

 


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