Überflüssige Bevölkerung


Ganz wie mit jedem andern Handelsartikel - ist zuwenig da, so steigen die Preise, d.h. der Lohn, es geht den Arbeitern besser, die Heiraten vermehren sich, es werden mehr Menschen erzeugt, es wachsen mehr Kinder heran, bis genug Arbeiter produziert sind; ist zuviel da, so fallen die Preise, es tritt Brotlosigkeit, Elend, Hungersnot und infolge davon Seuchen ein, und raffen die "überflüssige Bevölkerung" weg. Und Malthus, der obigen Smithschen Satz weiter ausführt, hat ebenfalls in seiner Weise recht, wenn er behauptet, es sei stets überflüssige Bevölkerung da, es seien immer zuviel Menschen in der Welt; er hat nur dann unrecht, wenn er behauptet, es seien mehr Menschen da, als von den vorhandenen Lebensmitteln ernährt werden könnten. Die überflüssige Bevölkerung wird vielmehr durch die Konkurrenz der Arbeiter unter sich erzeugt, die jeden einzelnen Arbeiter zwingt, täglich so viel zu arbeiten, als seine Kräfte ihm nur eben gestatten. Wenn ein Fabrikant täglich zehn Arbeiter neun Stunden lang beschäftigen kann, so kann er, wenn die Arbeiter zehn Stunden täglich arbeiten, nur neun beschäftigen, und der zehnte wird brotlos. Und wenn der Fabrikant zu einer Zeit, wo die Nachfrage nach Arbeitern nicht sehr groß ist, die neun Arbeiter durch die Drohung, sie zu entlassen, zwingen kann, für denselben Lohn täglich eine Stunde mehr, also zehn Stunden zu arbeiten, so entläßt er den zehnten und spart dessen Lohn. Wie hier im kleinen, so geht es bei einer Nation im großen. Die durch die Konkurrenz der Arbeiter unter sich auf ihr Maximum gesteigerten Leistungen jedes einzelnen, die Teilung der Arbeit, die Einführung von Maschinerie, die Benutzung der Elementarkräfte werfen eine Menge Arbeiter außer Brot. Diese brotlosen Arbeiter kommen aber aus dem Markte; sie können nichts mehr kaufen, also die früher von ihnen verlangte Quantität Handelswaren wird jetzt nicht mehr verlangt, braucht also nicht mehr angefertigt zu werden, die früher mit deren Verfertigung beschäftigten Arbeiter werden also wieder brotlos, treten vom Markte ebenfalls ab, und so geht es immer weiter, immer denselben Kreislauf durch - oder vielmehr, so würde es gehen, wenn nicht andre Umstände dazwischenträten. Die Einführung der oben angeführten industriellen Mittel, die Produktion zu vermehren, führt nämlich auf die Dauer niedrigere Preise der produzierten Artikel und infolge davon einen vermehrten Konsum herbei, so daß ein großer Teil der außer Brot gesetzten Arbeiter in neuen Arbeitszweigen und freilich nach langen Leiden endlich doch wieder unterkommt. Tritt hierzu noch, wie es in England während der letzten sechzig Jahre geschah, die Eroberung fremder Märkte, so daß die Nachfrage nach Manufakturwaren fortwährend und rasch steigt, so steigt auch die Nachfrage nach Arbeitern und mit ihr die Bevölkerung in demselben Verhältnisse. Statt also abzunehmen, hat sich die Einwohnerzahl des britischen Reichs reißend schnell vermehrt, vermehrt sich noch fortwährend - und bei all der steigenden Ausdehnung der Industrie, bei all der im ganzen und großen steigenden Nachfrage nach Arbeitern hat England, nach dem Geständnisse aller offiziellen Parteien (d.h. der Tories, Whigs und Radikalen), dennoch fortwährend überzählige und überflüssige Bevölkerung, ist dennoch fortwährend im ganzen die Konkurrenz unter den Arbeitern größer als die Konkurrenz um Arbeiter.


 © textlog.de 2004 • 29.03.2024 16:16:31 •
Seite zuletzt aktualisiert: 07.10.2005 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright