Rom.
Doktor Münter


Den 20. Dezember.

 

Und doch ist das alles mehr Mühe und Sorge als Genuß. Die Wiedergeburt, die mich von innen heraus umarbeitet, wirkt immer fort. Ich dachte wohl, hier was Rechts zu lernen; daß ich aber so weit in die Schule zurückgehen, daß ich so viel verlernen, ja durchaus umlernen müßte, dachte ich nicht. Nun bin ich aber einmal überzeugt und habe mich ganz hingegeben, und je mehr ich mich selbst verleugnen muß, desto mehr freut es mich. Ich bin wie ein Baumeister, der einen Turm aufführen wollte und ein schlechtes Fundament gelegt hatte; er wird es noch beizeiten gewahr und bricht gern wieder ab, was er schon aus der Erde gebracht hat, seinen Grundriß sucht er zu erweitern, zu veredeln, sich seines Grundes mehr zu versichern, und freut sich schon im voraus der gewissern Festigkeit des künftigen Baues. Gebe der Himmel, daß bei meiner Rückkehr auch die moralischen Folgen an mir zu fühlen sein möchten, die mir das Leben in einer weitern Welt gebracht hat. Ja, es ist zugleich mit dem Kunstsinn der sittliche, welcher große Erneuerung leidet.

Doktor Münter ist hier, von seiner Reise nach Sizilien zurückkehrend, ein energischer, heftiger Mann, seine Zwecke kenne ich nicht. Er wird im Mai zu euch kommen und mancherlei zu erzählen wissen. Er reiste zwei Jahr in Italien. Mit den Italienern ist er unzufrieden, welche die bedeutenden Empfehlungsschreiben, die er mitgebracht, und die ihm manches Archiv, manche geheime Bibliothek eröffnen sollten, nicht genugsam respektiert, so daß er nicht völlig zu seinen Wünschen gelangt.

Schöne Münzen hat er gesammelt und besitzt, wie er mir sagte, ein Manuskript, welches die Münzwissenschaft auf scharfe Kennzeichen, wie die Linnéschen sind, zurückführt. Herder erkundigt sich wohl mehr darum, vielleicht wird eine Abschrift erlaubt. So etwas zu machen, ist möglich, gut, wenn es gemacht ist, und wir müssen doch auch, früh oder spat, in dieses Fach ernstlicher hinein.




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