2. In Italien
a) Cardano; b) Telesio


a) Ähnlich wie Paracelsus in den deutsch redenden Ländern, wirkte in Norditalien der Mathematiker, Arzt und Astrolog Jeronimo Cardano aus Mailand (1501-1576). Auch für ihn ist das Weltall durchaus beseelt, alle Dinge durch Sympathie und Antipathie verbunden. Sich in Gott, Gott in sich erkennen ist die edelste Weisheit. Die Weltseele, auch als Wärme oder Licht bezeichnet, stellt das formende Element dar, welches die Materie durchdringt und verknüpft. Das Wesen der Wärme besteht in Bewegung. Im Gegensatz zu Paracelsus bestimmt Cardano jedoch seine Lehre nur für die Wissenden; die Masse muß von Staat und Kirche mit drakonischer Strenge im Zaume gehalten werden, denn bei ihr entstehen aus dem Wissen und dem Nachdenken über die Religion - Tumulte. Keine religiöse Diskussion daher und keine wissenschaftliche Abhandlung in der Muttersprache!

b) Philosophisch bedeutender als Paracelsus und Cardano ist der Süditaliener Bernardino Telesio aus Cosenza (1508-1588), der sich durch sein Hauptwerk De natura iuxta propria principia (1565-1586) zwar zahlreiche Feinde unter den norditalischen Aristotelikern machte, aber unter seinen Landsleuten als Stifter der »Cosentinischen Akademie« zu Neapel großen Einfluß gewann. An Stelle phantastischer Mystik will er vorurteilslose Erforschung der Erfahrung gesetzt wissen, an Stelle geheimnisvoller Sympathien wenige unveränderliche Prinzipien; eine solche Annahme ehre Gott mehr als der Glaube an fortwährende willkürliche Eingriffe. Neben dem bloß leidenden »Stoffe« (moles) nimmt Telesio zwei solcher »tätigen Prinzipien« oder Urkräfte in der Natur an: eine ausdehnende, die Wärme, und eine zusammenziehende, die Kälte, jene von der Sonne, diese von der Erde ausgehend.

Auch der Geist (Spiritus) ist nur feine, warme, empfindende Materie, durch Klima, Nahrung und Lebensweise beeinflußbar. Dadurch, dass er die äußeren Dinge in sich aufnimmt, entsteht das Erkennen, das somit im Grunde nichts anderes als Tastwahrnehmung ist. Selbst die Mathematik bleibt für Telesio wesentlich sinnlicher Natur. Bei dem Menschen kommt noch die gottgegebene, unsterbliche Seele hinzu. Seine Ethik gründet Telesio, ähnlich den Stoikern und später Spinoza, auf das Prinzip der Selbsterhaltung, von dem die vier Kardinaltugenden: Weisheit, Geschicklichkeit, Tapferkeit und Güte nur besondere Ausprägungen sind.

Ähnliches lehrte F. Patrizzi (1529-1597), dessen vier Elemente Raum, Flüssigkeit, Licht und Wärme heißen und ein Medium zwischen Materie und Immateriellem (Göttlichem) bilden; doch treten in seiner Neuen Philosophie über das Universum neben eine fast moderne Würdigung der Mathematik auch phantastische, neuplatonische Momente, neben die Anerkennung der christlichen Heilslehre ein schönheitstrunkener Pantheismus.

Telesio verstand sich schließlich zu der ihm abverlangten Unterwerfung unter die römische Kirche.


 © textlog.de 2004 • 19.04.2024 05:16:42 •
Seite zuletzt aktualisiert: 27.10.2006 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright