3. Anaximenes


Auch er stammt aus Milet und ist etwa ein Menschenalter jünger als seine beiden Vorgänger; seine Lebenszeit fällt zwischen 588 und 524. Wenn Anaximenes wieder ein bestimmtes Element, die Luft, als Urstoff setzt, so bedeutet dies in gewisser Hinsicht allerdings einen Rückschritt hinter Anaximander. Indessen wurden doch mit der Wahl gerade dieses Stoffes die wesentlichsten Eigenschaften des anaximandrischen Apeiron, seine Unbegrenztheit und Beweglichkeit, berücksichtigt. Vielleicht ist Anaximenes durch die Beobachtung des Atems als Lebensursprungs zur Annahme seines Prinzips geführt worden. Wenigstens läßt der einzige aus seiner Schrift sicher erhaltene Satz das als möglich erscheinen: »Wie unsere Seele« - hier offenbar in ihrer Grundbedeutung (psychê) als animalisches Lebensprinzip gedacht - »Luft ist und uns dadurch zusammenhält, so umfaßt auch den ganzen Kosmos wehender Hauch und Luft« Dass sein Urstoff, wiewohl beseelt (vgl. oben Thales), im Grunde doch nur materiell zu denken ist, ergibt sich aus dem weiteren Entwicklungsprozeß, den der Philosoph ihn nehmen läßt. Durch Verdünnung geht aus ihm das Feuer, durch Verdichtung oder Zusammenziehung Wind, Wolken, Wasser und Erde hervor. Auch seine astronomischen Kenntnisse zeigen große Fortschritte. Er erkannte die Beleuchtung des Mondes durch die Sonne und unterschied die Planeten von den Fixsternen. Mit Anaximander nahm auch er einen ewigen Wechsel von Weltentstehung und Weltzerstörung an.

4. Als Nachzügler der milesischen Naturphilosophie, der »ionischen Physiologen«, sind die im 5. Jahrhundert lebenden Denker Hippon und Idaios (von Himera) zu betrachten. Ersterer erklärte gleich Thales das Feuchte für den Urstoff alles Gewordenen, während der sonst ganz unbekannte Idaios sich dem Anaximenes angeschlossen haben soll. Über den gleichfalls durch die Milesier angeregten Diogenes von Apollonia s. Anhang zu § 8. Die weitere Ausbildung der griechischen Philosophie sollte zunächst auf einem anderen Schauplatz vor sich gehen und in einer anderen Richtung sich vollziehen.


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