II. Die Lehre von den Idolen.


Baco unterscheidet vier Arten solcher »Idole«:

1. Die idola tribus, d.i. solche, die dem ganzen Menschengeschlechte (tribus) gemeinsam sind. Unser Verstand wie unsere Sinne fassen die Dinge viel zu sehr nach unserem menschlichen Maßstab (ex analogia hominis) statt nach dem des Universums (?) auf und sind namentlich geneigt, überall in der Natur Ordnung und Regelmäßigkeit zu erblicken; auch verlieren wir uns gern in Abstraktionen. [Hier beachtet Baco nicht, dass auf Abstrahieren alle Forschung, nicht zum wenigsten die von ihm so gerühmte Induktion und vor allem die Mathematik beruht, dass die Voraussetzung einer gewissen Gleichmäßigkeit in der Natur die Grundlage aller Gesetzmäßigkeit ist, und dass wir keinen anderen Erkenntnismaßstab als eben den Verstand besitzen, der freilich in Bacos Augen ein »unebener Spiegel« ist.]

2. Die idola specus, der »Höhle« (nach dem Gleichnis in Platos Republik VII), sind die Vorurteile, die von der geistigen und körperlichen Individualität des Einzelnen, d.h. seinen ursprünglichen Anlagen und Gewohnheiten, von Erziehung, Umgang und Lektüre herrühren. Jeder besitzt gleichsam eine besondere Höhle, durch welche das natürliche Licht (der Vernunft) gebrochen und verdorben wird. Noch schwerer zu überwinden sind

3. die Idole des »Marktes« (fori), womit Baco die durch den menschlichen Verkehr gewissermaßen konventionell gewordene Sprache meint. Sie bildet Wörter für gar nicht existierende Dinge (wie Glück, erster Beweger, Planetensphären), und begünstigt Unbestimmtheit und Unklarheit der Begriffe, an denen der Durchschnittsmensch dann kleben bleibt [Baco beachtet nicht, dass die Sprache die notwendige Geburtsstätte der Gedanken ist]. Am gefährlichsten für die Philosophie sind

4. die idola theatri, d. i. die Irrtümer der philosophischen Überlieferung, mag sie nun rationalistischen (Aristoteles), rein-empirischen (Gilbert) oder mystischen (Pythagoras, Plato) Charakter tragen. Selbst Kopernikus und Galilei finden bei Baco keine Gnade ; sie gehören zu denen, die alles Mögliche erdichten, wenn es nur in Rechnungen aufgeht. [So gering ist bei diesem Verehrer der Naturwissenschaft das Verständnis für deren mathematische Begründung!] Seine (Bacos) Methode dünkt ihm weit sicherer, auch fordert ihre Anwendung - keine besondere geistige Begabung: ähnlich wie mit Lineal und Zirkel auch der Ungeübte bessere Linien und Kreise zieht, als es der geschickteste Zeichner mit der Hand vermag. Worin besteht nun diese gerühmte Methode?

Baco nennt sie III. Die Methode der Induktion oder Lehre von den Instanzen (Fällen) und behandelt sie in dem zweiten Buche seines Hauptwerkes, das zu dem kritischen ersten die positive Anwendung hinzufügt.


 © textlog.de 2004 • 29.03.2024 10:51:25 •
Seite zuletzt aktualisiert: 31.10.2006 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright