Soziologie

Soziologie (Sozialphilosophie, allgemeine Sozialwissenschaft, Philosophie der Gesellschaft. der Ausdruck »Soziologie« von A. COMTE, »Social philosophy« von HOBBES. »Socialisme« von P. LEROUX) ist die Wissenschaft vom sozialen Leben als solchem, die Lehre von dem Wesen, der Struktur der Gesellschaft (Sozietät), von den ihrer Entstehung und Entwicklung zugrunde liegenden Triebkräften und Gesetzen, sowie von dem idealen Ziele der sozialen Evolution (Soziale Statik, Dynamik, Ethik). Die praktische Soziologie ist die Anwendung der sozialen und soziologischen Ergebnisse auf die Ausgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse (Sozialpolitik). Die Soziologie bearbeitet den ihr von der Völkerkunde, Geschichte und anderen Geisteswissenschaften, insbesondere den Sozialwissenschaften (s. d.) überlieferten (und von ihr ergänzten Stoff) im Sinne psychologischer Interpretation, logisch-erkenntniskritischer Beurteilung und praktisch-ethischer Wertung. Die soziale Statik ist die Darstellung der eine Gesellschaft konstituierenden Faktoren, Elemente und Verknüpfungsform, die soziale Dynamik die Darstellung der Entwicklung der Gesellschaften, ihrer Ursachen und Ziele. sie kann mit der Geschichtsphilosophie (Philosophie der Geschichte. »philosophie de l'histoire« zuerst bei VOLTAIRE) identifiziert werden. Soziale Kausalität ist die die gesellschaftlichen Erscheinungen produzierende und fortführende Wirksamkeit, die sich des näheren (in ihrer unmittelbaren Form) als psychische, als Willenskausalität (reaktiv- triebhafter oder spontan-bewußter Art) darstellt. Soziale Teleologie ist die dem gesellschaftlichen Leben immanente Wirksamkeit von Zwecken, teils in triebhafter Weise als Bedürfnis, teils in willkürlicher (s. d.), planmäßiger, reflexiver Weise, als Ideen. Die sozialen Gesetze sind besondere Formen der psychologischen Gesetze (s. Gegensatz, Kontrast, Heterogonie, Resultanten, Wachstum der Energie), außerdem haben an der sozialen Gesetzmäßigkeit teil biologische, klimatische Faktoren (Milieu, s. d.), die Geschichte selbst. Aus diesen Faktoren, die sich im einzelnen sehr complizieren, ergeben sich teilweise soziale Rhythmen, wenn auch nicht exakte soziale »Gesetze« besonderer Art. - Gesellschaft ist jede durch gemeinsame Interessen und Zwecke geeinte, äußerlich und innerlich verbundene Gesamtheit von Individuen. Je nach der Art der Verbindung sind zu unterscheiden: Natur- und Kulturgesellschaft, Zwangs und freie Gesellschaft, Geschlechtsgenossenschaft, staatlich organisierte Gemeinschaft u.s.w. Die soziale Evolution vollzieht sich in »Differenzierungen« (Prinzip der Arbeitsteilung) und »Integrierungen«, in wechselnder Bindung und Lösung (Individualisierung), mit der Tendenz, allmählich in immer vollkommenerer Weise die Harmonie von Sozialisierung und Individualisierung herzustellen. ferner geht der Fortschritt von triebhaftem zu planmäßigem, von rein funktionellem zu bewußtem, selbsttätigen sozialen Handeln. Triebund Willenskräfte, Gefühle, Vorstellungen, Ideen treten als soziale Kräfte auf, lenken (an sich und durch ihre Produkte) die soziale historische Entwicklung.

Die Soziologie als eigene Disziplin datiert erst seit COMTE. Früher tritt sie als Geschichtsphilosophie und Rechtsphilosophie (s. d.) auf. Ethische, theologische, metaphysische, humane (soziale) Auffassungen der Geschichte sukzedieren einander. Jetzt finden sich an Hauptrichtungen der Soziologie: biologische, organische Auffassung der Gesellschaft (organisistische Schule), psychologisch-geistige Auffassung (als Intellektualismus und Voluntarismus), wirtschaftliche Auffassung (sozialer »Materialismus«), soziologische Rassen-Theorie, Vertrags-Theorie.



Inhalt:


Seneca, Macchiavelli, Hobbes
Schlegel, Schopenhauer, Lotze
Comte, Mill, Humboldt, Wundt
Darwin, Nietzsche, Diltey
Marx, Morus, Fourier, Proudhon

 

 


Vergleiche ferner:

- Soziologische Grundbegriffe (Weber, Wirtschaft u. Gesellschaft)

- Begriff der Soziologie (Weber, Wirtschaft u. Gesellschaft)

- Ästhetik, Ethik, Soziologie (Vorländer, Gesch. d. Phil.)


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Seite zuletzt aktualisiert: 14.11.2004 
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