Relation - Moderne

Nach KANT ist Relation eine Klasse von Kategorien (s. d.). In diesen setzt das erkennende Bewußtsein objektiv-allgemeingültige Beziehungen (s. A priori), die aber nicht für Dinge an sich (s. d.) gelten, nur phänomenalen, empirischen Wert haben. J. G. FICHTE leitet die Relation aus der Tätigkeit des Ich ab (Gr. d. g. Wissensch. S. 57). Nach SCHELLING ist die Relation die einzige primäre Kategorienklasse (Syst. d. tr. Ideal. S. 252). Nach ESCHENMAYER gehört die Kategorie der Relation zur logischen Urteilskraft. Substrat, Ursache, Kraft sind innere Beziehungen des Selbstbewußtseins und geben, in das Denken übertragen, die unveränderlichen Urteilsformen, welche die Kategorien der Relation in sich faßt (Psychol. S. 304 f.). - Nach DESTUTT DE TRACY ist die Beziehung (rapport) »cette vue de notre esprit, cet acte de notre faculté de penser par lequel nous rapprochons une idée d'une autre, par lequel nous les lions, les comparons ensemble d'une manière quelconque« (Elém. d'idéol. I, 4, p. 61). Nach GALUPPI sind die Relationen durch die Denktätigkeit gegebene Grundideen.

Nach LOTZE sind die Relationen schon in der Wahrnehmung. das Bewußtsein nimmt nur Kenntnis von Beziehungen, die ihm der unbewußte Mechanismus der psychischen Zustände vorgearbeitet hat (Mikrokosm. II2, 279). Es gibt Vergleichungs- und reale Beziehungen (Gr. d. Met. S. 22). Ideale und reale Beziehungen unterscheidet B. ERDMANN, nach welchem die Beziehung eine »Art des bewußten Beisammen von Vorgestelltem« ist (Log. I, D7, 59). RENOUVIER betrachtet die Relation als Kategorienklasse (Ess. de crit. I). »Tout jugement, toute thèse qui formule une connaissance, vraie ou supposée, est l'énoncé d'une relation. Aucun objet de pensée ne peut être déterminé que par rapport a d'autres objets de pensée« (Nouv. Monadol. p. 31). Nach SCHUBERT-SOLDERN haben Beziehungen keine eigene Existenz (Gr. ein. Erk. S. 227 f.). Als bewußtes psychisches Phänomen bestimmt die Relation E. SCHRADER (Die bewußt. Bezieh. zw. Vorstell. 1893, S. 41 ff.). E. V. HARTMANN leitet die Relation als solche aus unbewußter Intellektualsfunktion ab. Die Relationen haben eine objektive und metaphysische Grundlage. »Das Denken verhält sich bei der Feststellung einer bestimmten Beziehung zwischen zwei bestimmten Objekten keineswegs schöpferisch, sondern lediglich wahrnehmend, konstatierend, registrierend« (Kategorienlehre, S. 181). Die »die Beziehung determinierende Beschaffenheit des Gegebenen« ist die »Grundlage der Beziehung« (l. c. S. 182). Die unbewußt in die Bewußtseinsinhalte hineingelegten Beziehungen werden durch das diskursive Nachdenken analytisch expliziert (l. c. S. 183). Es muß eine allumfassende Idee sein, in welcher alle expliziten und impliciten Beziehungen logisch ideell gesetzt sind (l. G. S. 188). Die Relation ist die »Urkategorie«, deren Besonderungen die anderen Kategorien sind (l. c. S. 191). Alle Beziehungen entspringen stufenweise der ersten (metaphysischen) Beziehung der beiden Attribute des Absoluten aufeinander durch fortschreitende logische Determination (l. c. S. 334). HAGEMANN erklärt: »Zu jeder Relation wird erfordert ein Seiendes, welches auf ein anderes bezogen wird (subiectum relationis), ein Seiendes, worauf jenes bezogen wird (terminus relationis), und ein Beziehungsgrund (fundamentum relationis). Je nachdem. der Beziehungsgrund ein bloß im Denken gesetzter, oder in den bezogenen Dingen wirklich vorhandener ist, unterscheidet man eine bloß gedachte (relatio rationis) und eine wirkliche (rel. realis). Die letztere ist eine gegenseitige oder eine einseitige, je nachdem sie in beiden bezogenen Dingen oder nur in einem derselben ihren Grund hat« (Met.2, S. 37 f.). Nach A. MEINONG sind die verglichenen Vorstellungsinhalte selbst das fundamentum relationis. Es gibt keine Relationen ohne zwei Fundamente (Hume-Stud. II, 44 f.). Es gibt Vergleichungs- und Verträglichkeitsrelationen (l. c. II, 157. vgl. Zeitschr. f. Psychol. 2. Bd. 1891, S. 24D ff.. 6. Bd., 1894, S. 340 ff., 417 ff.). Nach HÖFLER gehören zu den Vergleichungsrelationen: Gleichheit, Ungleichheit (Ähnlichkeit, Unähnlichkeit), zu den Verträglichkeitsrelationen: Notwendigkeit, Möglichkeit, Unmöglichkeit (Log.2, S. 34, 37). E. CORNELIUS erklärt (im Sinne auch der Immanenzphilosophie, s. d.), alle Beziehungen der Teilinhalte unseres Bewußtseins »bestehen nur so weit, als die betreffenden Inhalte einem Bewußtsein angehören, und können nur vermöge eben dieses ursprünglich gegebenen Zusammenhanges zustande kommen. Wie sie aber ihrerseits diesem Zusammenhange ihren Ursprung verdanken, so läßt sich anderseits ohne jene Beziehungen kein Zusammenhang und somit keine Einheit unserer Erfahrung denken: unsere Erlebnisse würden weder als Teile einer zeitlichen Sukzession erscheinen, noch sonst irgend eine Ordnung und Verknüpfung für unser Bewußtsein besitzen, wenn sie als eine beziehungslose Summe isolierter Einheiten gegeben wären« (Einl. in d. Philos. S. 209). - »Jedem Inhalte haften je nach seiner Stellung zu anderen Inhalten die bestimmten Beziehungen zu den letzteren an, und die Gestaltqualität (s. d.) des Komplexes, dem der betrachtete Inhalt angehört, bleibt als besondere ›Färbung‹ (›Relationsfärbung‹, ›relation-fringes‹ nach James) dieses Inhalts auch da bestehen, wo wir die übrigen Teile des Komplexes nicht beachten« (l. c. S. 242). L. DILLES betont: »Die Beziehung ist als bloßes Schema, ja als bloße Abstraktion (von Schemen und Realitäten) wirklich, aber nicht als eine Realität, d. i. ein Substrathaftes« (Weg zur Met. S. 93, 227). Nach H. SPENCER ist die Beziehung ein Gefühl, welches den Übergang von einem wichtigeren zu dem nächst wichtigeren Gefühl (feeling) begleitet (Psychol § 65). LIPPS erklärt: »Unter Beziehungen verstehen wir... zunächst die Arten der Vorstellungen, bei ihrem zusammentreffen in der Seele sich zueinander zu verhalten. Wir verstehen dann darunter die von jenen Arten des gegenseitigen Verhaltens nachbleibenden dauernden Vorstellungszusammenhänge, die beim Neuentstehen der Vorstellungen sich wirksam erweisen« (Gr. d. Seelenleb. S. 362). Nach WUNDT ist die Beziehung eine einfache Funktion der Apperzeption (s. d.). »Die elementarste aller Funktionen der Apperzeption ist die Beziehung zweier psychischer Inhalte aufeinander. Die Grundlagen solcher Beziehung sind überall in den einzelnen psychischen Gebilden und ihren Assoziationen gegeben. aber die Ausführung der Beziehung besteht in einer besondern Apperzeptionstätigkeit, durch die erst die Beziehung selbst zu einen neben den aufeinander bezogenen Inhalten vorhandenen, wenn auch freilich fest mit ihnen verbundenen besonderen Bewußtseinsinhalt wird« (Gr. d. Psychol.5, S. 303 f.). - Vgl. BRANISS, Syst. d. Met. 270 ff.. SIGWART, Log. 19, 30, 36 ff. u. a. Vgl. Beziehungsbegriffe, Relativität.


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