Das Dossebruch


»Ihr habt mir nichts zu danken,

Denn davor bin ich da.«

H. v. Blomberg


Eine halbe Meile westwärts von Garz treten wir in eine fruchtbare Niederung ein, die hier durch den Zusammenfluß des Rhins und der Dosse gebildet wird und seit Jahrhunderten den Namen des Dossebruches führt.

Die Dosse (in alten Urkunden Doxa oder Dossia) entspringt an der Grenze von Priegnitz und Mecklenburg und geht an Wittstock, Wusterhausen und Neustadt vorüber, in fast ununterbrochen sündlicher Richtung in Rhin und Havel. An ihrem Ufer hin, das trotz vorherrschender Öde manchen schönen Punkt aufweist (so zum Beispiel Amt Fretzdorf, alte Dosseburg, seit lange Besitztum der Freiherrn von Karstedt) wohnte der vielgenannte Stamm der Dossaner, die das Grenzland zwischen den wilzischen und obotritischen Wenden innehatten. Auf den Feldmarken von Brunn und Trieplatz, Dörfer, auf die wir weiterhin zurückkommen, finden sich noch Spuren alter, dreifacher Wälle, deren Ursprung sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf jene Zeit der Kämpfe zwischen den Sachsen und Slawen zurückführen läßt.

Etwa bei Wusterhausen, wenn wir dem Lauf des Flusses folgen, beginnt das Dossebruch. Es hatte vordem so ziemlich denselben Sumpfcharakter wie das Oderbruch, alles lag wüst und befand sich in einem Urzustande. Werftweiden, Elsen und anderes Gebüsch bedeckten den größten Teil der Niederung, und nur hier und da lagen Stellen über dem Wasser, die nun als Wiesen und Weide dienten. Dreetz und Sieversdorf, mitten im Bruch auf zwei Sandschollen erbaut, hatten ungeheure Feldmarken, ohne sie recht benutzen zu können, weil das Vieh im Sumpfe steckenblieb. Schon die Namen der einzelnen Örtlichkeiten hatten schlimmen Klang: Dolenbusch, Brand und der Tarterwinkel.

Kolonisationsversuche wurden ziemlich früh gemacht. Bereits der Landgraf von Hessen-Homburg begann Abzugsgräben zu ziehen; später suchte König Friedrich Wilhelm I. (und zwar nach Entwässerung des Havelländischen Luches) auch hier die Kanalisierung in ein System zu bringen. Aber erst unter dem großen Könige kamen die Dossebrucharbeiten zu verhältnismäßigem Abschluß. An Widerstand hatten es die Nächstbeteiligten nicht fehlen lassen; ihrer Auflehnungen indes war man bald Herr geworden. Wo nicht freier Wille zu Hilfe kam, erfolgte Zwang.

1778 endigten die Vorarbeiten: 15000 Morgen Land waren gewonnen, 25 neue Dörfer und Ortschaften gegründet, 1500 Ansiedler angesetzt. Der König wollte nunmehr mit eigenen Augen sehen, was hier geschaffen worden sei.

Den 23. Juli 1779 brach er zu diesem Behufe fünf Uhr morgens von Potsdam auf, und ging zunächst über Fahrland, Dyrotz, Wustermark, Nauen und Königshorst bis Seelenhorst.

Hier, in Seelenhorst, trat der König in den Fehrbelliner Amtsbezirk ein, und statt des Königshorster Amtsrats, der auf der Fahrt durch's Havelländische Luch den Führer gemacht hatte, erschien nunmehr der Oberamtmann Fromme neben dem Wagen des Königs, um Seine Majestät durch das Fehrbelliner Revier hin zu geleiten. Der König fand Wohlgefallen an ihm, stellte viele Fragen und behielt ihn mehrere Stunden lang an seiner Seite.

Fromme hat in einem Schreiben an den alten Vater Gleim, der sein Onkel war, alles aufgezeichnet, was er in diesen denkwürdigen Stunden erlebt oder aus dem Munde des Königs vernommen hat, und es ist nunmehr Fromme, den ich in nachstehendem sprechen lasse.




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