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525. Ersuchen¹⁾. Bitten²⁾. Ansuchen³⁾.

1) To request.
2) Beg, pray.
3) Solicit, apply for.
1) Prier (engager).
2) Prier (demander, supplier).
3) Solliciter (s’adresser).
1) Richiedere (ricercare).
2) Pregare (domandare).
3) Sollecitare (chiedere).

Ersuchen heißt, von jemand etwas in der Weise begehren, daß wir es dem Gutbefinden des andern überlassen, ob er uns das, was wir verlangen, bewilligen wolle, während wir das, was wir fordern, erzwingen können, und seine Bewilligung also nicht seinem zweifelhaften Gutbefinden überlassen. In diesem Punkte ist bitten mit ersuchen gleichbedeutend (vgl. Art. 322). Der Bittende gründet aber sein Verlangen auf gar kein Recht, sondern bloß auf sein Bedürfnis und die Liebe des Gebers; der Ersuchende dagegen erwartet die Erfüllung seines Verlangens von einer Verbindlichkeit des Gebers, die zwar nicht erzwungen werden kann, aber doch auf den Grundsätzen der Billigkeit beruht. Ein Sohn bittet seinen Vater um die Erlaubnis und das nötige Geld zu einer Lustreise, eine Obrigkeit ersucht die andere um ihre Hilfe bei Verhaftung eines Verbrechers. Der erstere erwartet die Gewährung seines Verlangens ganz von der Liebe seines Vaters, von dem er abhängt; die andere erwartet sie von der Billigkeit und der Wechselseitigkeit der Dienste und Gefälligkeiten in der Rechtspflege. Das Bitten setzt den, von dem wir etwas verlangen, höher über uns, indem wir durch Bitten unsere Abhängigkeit von seiner Güte und Liebe bekennen, indes der Ersuchende den andern nur auf seine Verbindlichkeit und Gefälligkeit aufmerksam macht. Am besten fällt dieser Unterschied bei dem höchsten Wesen in die Augen. Es würde lächerlich sein, von Gott zu sagen, daß wir ihn um Gesundheit und langes Leben ersuchen; wir müssen ihn darum bitten. Ansuchen, auch nachsuchen wird nur in der Kanzleisprache gebraucht, und zwar da, wo man von einer vorgesetzten Behörde etwas verlangt, worauf man einen gegründeten Anspruch machen kann. Ein alter Diener des Staats sucht wegen Alter und Schwachheit um seine Versetzung in den Ruhestand an oder nach. Doch Goethe liebt in seiner höflich diplomatischen Weise den Ausdruck auch in Privatverhältnissen. „Der wackere Verfasser hat auf teilnehmendes Ansuchen uns den vollständigen Inhalt seines Gedichtes ausführlich mitgeteilt.“ Goethe, Das Neueste serbischer Lit.