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834. Irrtum¹⁾. Vorurteil²⁾.

1) Error.
Erreur.
Errore.
2) Prejudice.
Préjugé (prévention).
Pregiudizio (freconcetto).

Ein Vorurteil (eig. ein Urteil, das einem andern vorhergeht, ein Präzedenzfall, dann ein Urteil, das man vor der Untersuchung fällt) ist eine Meinung, die man ohne hinlängliche Gründe angenommen hat; in dem Worte selbst liegt aber an sich nicht ausgedrückt, daß es ein Irrtum sei; denn ein Vorurteil könnte zufällig auch wahr sein. Gewöhnlich bezeichnet man aber durch Vorurteil ein falsches Urteil, und zwar eine besonders hartnäckige, tief eingewurzelte falsche Meinung, die für den Gegenstand, welchen sie betrifft, nachteilig ist. So hatten noch im 18. Jahrhundert fast alle übrigen Stände ein Vorurteil gegen den Schauspielerstand, und noch jetzt haben es manche nicht überwunden. Der Irrtum ist der Wahrheit, das Vorurteil dem geprüften und auf Kenntnis der Sache gegründeten Urteile entgegengesetzt. Die Vorurteile nehmen wir ohne alle Untersuchung an, in Irrtümer verfallen wir oft auf dem Wege und am Ende der mühsamsten Untersuchung. In einem unaufgeklärten Zeitalter gibt es viele Vorurteile, in einem aufgeklärten vielleicht ebensoviele Irrtümer. Irrtümer lassen sich bekämpfen, aber Vorurteile sind schwer, oft gar nicht zu widerlegen, weil der, welcher sie hegt, nicht imstande ist, frei zu urteilen. „Die Vorurteile der Menschen beruhen auf dem jedesmaligen Charakter der Menschen; daher sind sie, mit dem Zustand innig vereinigt, ganz unüberwindlich. Weder Evidenz, noch Verstand, noch Vernunft haben den mindesten Einfluß darauf.“ Goethe, Spr. i. Pr. 300.