Ein mitleidgetränktes soziales Fünkchen


vermißt die ›Arbeiter-Zeitung‹. In Brüssel benahmen sich Tramway-Passagiere lieblos gegen den Kondukteur; aber, findet sie,

diese Szene könnte sich ebensogut wie in Brüssel in Wien oder Berlin, in Paris, London oder New York abspielen, weil sich im Großstadtleben zwar genugsam sportliches Wohltun und theatralische Gefühlsseligkeit breitmachen, ein mitleidgetränktes soziales Fünkchen dagegen weit seltener aufglimmt.

Gut gegeben. Wo das Herz auf dem rechten Fleck ist, dort sitzt auch das Wort. Wie unsicher mag sich die Weltanschauung gefühlt haben, der das Wort »Nächstenliebe« einfiel. Ihre Gestalt blieb im Dunkel. Hier aber glimmt es auf, man erkennt ein Gesicht, und der uns allen liebgewordene Weltbeglücker mit der großen Schachtel bietet uns Hosenträger an, und wenn wir diese verschmähen, einen Kamm und wenns auch damit nichts ist, e Stückele Englischpflaster, das wir gern gegen e mitleidgetränktes soziales Fünkchen eintauschen.

 

 

November, 1911.


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