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Möglichkeit

Möglichkeit. Die innere Möglichkeit der Dinge setzt etwas Existierendes (Wirkliches) voraus. Ohne ein solches gäbe es kein Material zum Denkbaren, Möglichen, dieses selbst fiele hinweg (vgl. Sein). Unmöglich ist, „was in sich selbst widersprechend ist“. „Diese Unmöglichkeit beruht lediglich auf logischen Beziehungen von einem Denklichen zum andern, da eins nur nicht ein Merkmal des andern sein kann.“ Zu unterscheiden sind die „Data“ oder das „Materiale“ (Reale) der Möglichkeit (das Etwas, das möglich ist) und das „Formale“ derselben (die Übereinstimmung des einen mit dem anderen nach dem Satze des Widerspruchs) oder das „Logische“ in der Möglichkeit. Die innere Möglichkeit fällt weg, 1. wenn ein innerer Widerspruch besteht, 2. wenn kein Material, „kein Datum zu denken“ da ist. Alle Möglichkeit ist in einem Wirklichen (als eine Bestimmung in demselben oder als eine Folge durch dasselbe) gegeben (vgl. Ontologisch), Beweisgr. Gottes 2. Btr. (VI 27 ff.).

Der Begriff der Möglichkeit ist eine der Kategorien der Modalität (s. d.), also ein apriorischer Begriff. Das „Schema“ (s. d.) der Möglichkeit ist „die Zusammenstimmung der Synthesis verschiedener Vorstellungen mit den Bedingungen der Zeit überhaupt (z. B. daß das Entgegengesetzte in einem Dinge nicht zugleich, sondern nur nacheinander sein kann), also die Bestimmung der Vorstellung eines Dinges zu irgendeiner Zeit“, KrV tr. Anal. 2. B. 1. H. (I 187 f.—Rc 243). Das Postulat (s. d.) der Möglichkeit der Dinge fordert, „daß der Begriff derselben mit den formalen Bedingungen einer Erfahrung überhaupt zusammenstimme“. Denn möglich ist, „was mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) übereinkommt“. Ein Begriff, „der eine Synthesis in sich faßt“, ist „leer“, gegenstandslos, wenn diese Synthese nicht zur Erfahrung gehört, entweder als „empirischer“ Begriff oder als „reiner“ Begriff, der, obzwar apriorisch, doch zur Erfahrung gehört, „weil sein Objekt nur in dieser angetroffen werden kann“, weil er die Form der Erfahrung überhaupt a priori enthält. Die objektive Realität (Möglichkeit) eines Begriffes (z. B. der Substanz), seine „transzendentale Wahrheit“, kann man nur daraus ersehen, daß er Verhältnisse der Wahrnehmungen in jeder Erfahrung a priori ausdrückt. In concreto müssen Begriffe von Substanzen und Kräften an der Hand der Erfahrung gebildet werden, sonst sind sie Erdichtungen ohne Wert. Die Möglichkeit von Dingen überhaupt kann nie aus Begriffen a priori für sich allein, sondern immer nur „aus formalen und objektiven Bedingungen einer Erfahrung überhaupt“ stattfinden. Auch die Möglichkeit mathematischer Gebilde ergibt sich nur daraus, daß eben dieselbe Synthesis, durch die wir sie und Größen überhaupt konstruieren, in der Apprehension des Gegebenen zu einer Erfahrung ausgeübt wird (vgl. Mathematik). Gegenstände, die den Begriffen korrespondieren, können nur in der Erfahrung gesucht werden, durch die allein uns Gegenstände gegeben werden; obwohl wir „bloß in Beziehung auf die formalen Bedingungen, unter welchen in ihr überhaupt etwas als Gegenstand bestimmt wird, mithin völlig a priori, aber doch nur in Beziehung auf sie, und innerhalb ihrer Grenzen, die Möglichkeit der Dinge erkennen und.charakterisieren können“, ibid. 2. B. 2, H. 3. Abs. 4 (I 250 ff.—Rc 310 ff.). Alles Wirkliche ist möglich; hieraus folgt: einiges Mögliche ist wirklich, was zu bedeuten scheint: es ist vieles möglich, was nicht wirklich ist, d. h. das Feld der Möglichkeit ist größer als das der Wirklichkeit. Aber was zum Möglichen noch „hinzukommen“ müßte, um es wirklich zu machen, ist unmöglich. „Es kann nur zu meinem Verstande etwas über die Zusammenstimmung mit den formalen Bedingungen der Erfahrung, nämlich die Verknüpfung mit irgendeiner Wahrnehmung hinzukommen, was aber mit dieser nach empirischen Gesetzen verknüpft ist, ist wirklich, ob es gleich unmittelbar nicht wahrgenommen wird.“ Die „absolute“ Möglichkeit ist kein bloßer Verstandesbegriff, sondern gehört der Vernunft an, die über allen empirischen Verstandesgebrauch hinausgeht, ibid. Widerlegung des Idealismus (I 261 ff.—Rc 322 ff.). — „Durch die Wirklichkeit eines Dinges setze ich freilich mehr als die Möglichkeit, aber nicht in dem Dinge; denn das kann niemals mehr in der Wirklichkeit enthalten, als was in dessen vollständiger Möglichkeit enthalten war“, ibid. 2. Anm. (I 265—Rc 326). „Der Begriff ist allemal möglich, wenn er sich nicht widerspricht. Das ist das logische Merkmal der Möglichkeit, und dadurch wird sein Gegenstand vom nihil negativum unterschieden. Allein er kann nichtsdestoweniger ein leerer Begriff sein, wenn die objektive Realität der Synthesis, dadurch der Begriff erzeugt wird, nicht besonders dargetan wird; welches aber jederzeit ... auf Prinzipien möglicher Erfahrung und nicht auf dem Grundsatze der Analysis (dem Satze des Widerspruchs) beruht. Das ist eine Warnung, von der Möglichkeit der Begriffe (logische) nicht sofort auf die Möglichkeit der Dinge (reale) zu schließen“, ibid. tr. Dial. 2. B. 3. H. 4. Abs. Anm. (I 515—Rc 653).

„Es ist dem menschlichen Verstande unumgänglich notwendig, Möglichkeit und Wirklichkeit der Dinge zu unterscheiden. Der Grund davon liegt im Subjekte und der Natur seiner Erkenntnisvermögen. Denn wären zu dieser ihrer Ausübung nicht zwei ganz heterogene Stücke, Verstand für Begriffe und sinnliche Anschauung für Objekte, die ihnen korrespondieren, erforderlich, so würde es keine solche Unterscheidung (zwischen dem Möglichen und Wirklichen) geben. Wäre nämlich unser Verstand anschauend, so hätte er keine Gegenstände als das Wirkliche.“ Die Unterscheidung des bloß Möglichen vom Wirklichen beruht darauf, daß das erstere „nur die Position der Vorstellung eines Dinges respektiv auf unseren Begriff und überhaupt das Vermögen zu denken, das letztere aber die Setzung des Dinges an sich selbst (außer diesem Begriffe)“ bedeutet. „Also ist die Unterscheidung möglicher Dinge von wirklichen eine solche, die bloß subjektiv für den menschlichen Verstand gilt, da wir nämlich etwas immer noch in Gedanken haben können, ob es gleich nicht ist, oder etwas als gegeben uns vorstellen, ob wir gleich noch keinen Begriff davon haben.“ Eine Forderung der Vernunft ist es, „irgendein Etwas (den Urgrund) als unbedingt notwendig existierend anzunehmen, an welchem Möglichkeit und Wirklichkeit gar nicht mehr unterschieden werden sollen, und für welche Idee unser Verstand schlechterdings keinen Begriff hat, d. i. keine Art ausfinden kann, wie er ein solches Ding und seine Art zu existieren sich vorstellen solle“. „Daher ist der Begriff eines absolut notwendigen Wesens zwar eine unentbehrliche Vernunftidee, aber ein für den menschlichen Verstand unerreichbarer problematischer Begriff“, KU § 76 (II 267 f.). „Die Möglichkeit eines Gedankens oder Begriffs beruht auf dem Satze des Widerspruchs, z. B. der eines denkenden unkörperlichen Wesens (eines Geistes). Das Ding, wovon selbst der bloße Gedanke unmöglich ist (d. i. der Begriff sich widerspricht), ist selbst unmöglich. Das Ding aber, wovon der Begriff möglich ist, ist darum nicht ein mögliches Ding. Die erste Möglichkeit kann man die logische, die zweite die reale Möglichkeit nennen; der Beweis der letzteren ist der Beweis der objektiven Realität des Begriffs, welchen man jederzeit zu fordern berechtigt ist. Er kann aber nie anders geleistet werden als durch Darstellung des dem Begriffe korrespondierenden Objekts; denn sonst bleibt es immer nur ein Gedanke, welcher, ob ihm irgendein Gegenstand korrespondiere oder ob er leer sei, d. i. ob er überhaupt zur Erkenntnis dienen könne, solange bis jenes in einem Beispiele gezeigt wird, immer ungewiß bleibt“, Fortschr. d. Metaph. Beilage I, 2. Abs. (V 3, 157).

„Möglich ist, dessen Begriff nicht leer, auch nicht durch sich selbst aufgehoben ist. Daß er nicht leer sein soll, bedeutet daher, daß ihm etwas außer den Gedanken, also eine Wirklichkeit respondiere“, N 4396. Die Möglichkeit der Dinge ist unterschieden von der Möglichkeit ihres Daseins. „Jene besteht bloß darin, daß ihr Begriff nichts in sich Widersprechendes habe.. Die Möglichkeit des Daseins dagegen bedeutet die Übereinstimmung der Position eines solchen Gegenstandes außer dem Verstande ... Das Dasein gehört gar nicht zur Idee eines Dinges, und die Möglichkeit desselben, wenn sie vollständig ist, kann von der Wirklichkeit und Notwendigkeit nicht unterschieden sein“, N 5772. Das Objekt der „Erdichtung“ ist möglich, N 4288. „Alle einfachen Begriffe sind möglich, die Unmöglichkeit liegt nur in der Zusammensetzung“, N 4394. „Die Möglichkeit in abstracto ist bloß das nicht Widersprechende. Diese Möglichkeit bedeutet nur die Zulässigkeit der Idee. Die Möglichkeit in concreto ist allein objektiv, d. i. daß etwas in der omnimoda determinatione interna möglich sei“, N 5181. — „Die Ursache unserer Unterscheidung des Möglichen vom Wirklichen ist diese: weil wir die Dinge nicht durch Verstandesanschauungen erkennen, also sie erst respektiv auf unser Erkenntnisvermögen, nachher auf Anschauung betrachten“, N 5718. — „Es kann etwas in thesi möglich sein, und ist es doch nicht in hypothesi“, N 6373. „Hypothetisch möglich ist etwas entweder sub conditione restrictiva oder constitutiva. Das erste ist die Bedingung der Einstimmung, der nicht widerstritten werden muß, das zweite die Bedingung der Ableitung. Was unter keiner conditione restrictiva unmöglich ist, ist absolut möglich, d. i. unter aller hypothesi möglich“, N 5698; vgl. 4302, 5764. „Möglichkeit ist Übereinstimmung mit den Bedingungen des Denkens überhaupt; unmöglich, was denselben widerstreitet. Was mit den analytischen Bedingungen des Denkens übereinstimmt, ist logisch möglich, was mit den synthetischen, ist real möglich; die logische Möglichkeit ohne reale ist der leere Begriff ohne Inhalt, d. i. Beziehung auf Objekt“, N 4801; vgl. 3999, 5688. „Was sich in der Erfahrung überhaupt geben läßt, also den Kategorien gemäß ist, ist objektiv möglich, aber das Gegenteil ist darum nicht unmöglich“, N 5721. Unsere Möglichkeiten sind „bloß Modifikationen desjenigen-dessen allgemeiner Grund durch Erfahrung gegeben ist“, N 4021. „Selbst zur Unmöglichkeit gehört etwas Gegebenes“, N 4483. „Wir können durch die Vernunft nur die Möglichkeit der Urteile, aber nicht der Sachen ganz erkennen, weil zu diesen die Voraussetzung von der Möglichkeit der Materie gehört, welche durch die Sinne, und also a posteriori gegeben sein muß. Der Materie nach kann der Verstand auch nicht einmal was Unmögliches erdichten“. N 3999. Vgl. Gottesbeweise, Kritik der reinen Vernunft, Wirklichkeit.