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Ästhetische Idee

Idee, ästhetische. Eine ästhetische Idee ist „diejenige Vorstellung der Einbildungskraft, die viel zu denken veranlaßt, ohne daß ihr doch irgendein bestimmter Gedanke, d. i. Begriff, adäquat sein kann, die folglich keine Sprache völlig erreicht und verständlich machen kann“. Sie ist das Gegenstück von einer Vernunftidee, „welche umgekehrt ein Begriff ist, dem keine Anschauung (Vorstellung der Einbildungskraft) adäquat sein kann“. „Die Einbildungskraft (als produktives Erkenntnisvermögen) ist nämlich sehr mächtig in Schaffung gleichsam einer anderen Natur aus dem Stoffe, den ihr die wirkliche gibt. Wir unterhalten uns mit ihr, wo uns die Erfahrung zu alltäglich vorkommt; bilden diese auch wohl um: zwar noch immer nach analogischen Gesetzen, aber doch auch nach Prinzipien, die höher hinauf in der Vernunft liegen (und die uns ebensowohl natürlich sind, als die, nach welchen der Verstand die empirische Natur auffaßt); wobei wir unsere Freiheit vom Gesetze der Assoziation (welches dem empirischen Gebrauche jenes Vermögens anhängt) fühlen, so daß uns nach demselben von der Natur zwar Stoff geliehen, dieser aber von uns zu etwas anderem, nämlich dem, was die Natur übertrifft, verarbeitet werden kann.“ Derartige Vorstellungen der Einbildungskraft kann man Ideen nennen, einmal „weil sie zu etwas über die Erfahrungsgrenze hinaus Liegendem wenigstens streben und so einer Darstellung der Vernunftbegriffe (der intellektuellen Ideen) nahe zu kommen suchen“; ferner „weil ihnen als inneren Anschauungen kein Begriff völlig adäquat sein kann“. „Wenn nun einem Begriffe eine Vorstellung der Einbildungskraft untergelegt wird, die zu seiner Darstellung gehört, aber für sich allein soviel zu denken veranlaßt, als sich niemals in einem bestimmten Begriff zusammenfassen läßt, mithin den Begriff selbst auf unbegrenzte Art ästhetisch erweitert, so ist die Einbildungskraft hierbei schöpferisch und bringt das Vermögen intellektueller Ideen (die Vernunft) in Bewegung, mehr nämlich bei Veranlassung einer Vorstellung zu denken..., als in ihr aufgefaßt und deutlich gemacht werden kann.“ Diejenigen Formen, „welche nicht die Darstellung eines gegebenen Begriffes selber ausmachen, sondern nur, als Nebenvorstellungen der Einbildungskraft, die damit verknüpften Folgen und die Verwandtschaft desselben mit anderen ausdrücken“, d. h. die „ästhetischen Attribute“, geben eine ästhetische Idee, welche dem Gemüt „die Aussicht in ein unabsehliches Feld verwandter Vorstellungen eröffnet“. Die ästhetische Idee ist „eine, einem gegebenen Begriff beigesellte Vorstellung der Einbildungskraft, welche mit einer solchen Mannigfaltigkeit von Teilvorstellungen in dem freien Gebrauche derselben verbunden ist, daß für sie kein Ausdruck, der einen bestimmten Begriff bezeichnet, gefunden werden kann, die also zu einem Begriffe viel Unnennbares hinzudenken läßt, dessen Gefühl die Erkenntnisvermögen belebt und mit der Sprache, als bloßen Buchstaben, Geist verbindet“, KU § 49 (II 168 ff.). Schönheit (s. d.) ist der „Ausdruck ästhetischer Ideen“, ibid. § 51 (II 175). „Eine ästhetische Idee kann keine Erkenntnis werden, weil sie eine Anschauung (der Einbildungskraft) ist, der niemals ein Begriff adäquat gefunden werden kann.“ Sie ist „eine inexponible Vorstellung der Einbildungskraft“, d. h. eine Vorstellung, die sich nicht auf Begriffe bringen läßt, ibid. § 57 Anmerk. I (II 201). Vgl. Genie.