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II. [Psychologische Folgen der teleologischen Stellung des Geldes: Geldgier, Geiz, Verschwendung, asketische Armut, moderner Zynismus, Blasiertheit]

 

Bewirkt so der Mittelscharakter des Geldes, daß es als die abstrakte Form von Genüssen, die man dennoch nicht genießt, auftritt, so hat die Schätzung seines Besitzes, insoweit es unausgegeben bewahrt wird, eine Färbung von Sachlichkeit, es umkleidet sich mit Jenem feinen Reize der Resignation, der alle objektiven Endzwecks begleitet und die Positivität und Negativität des Genießens in eine einzigartige und mit Worten nicht weiter ausdrückbare Einheit zusammenschließt. Beide Momente erreichen im Geize ihre äußerste Spannung gegeneinander, weil das Geld als das absolute Mittel auf unbegrenzte Möglichkeiten des Genießens hinaussieht und zugleich als das absolute Mittel in seinem unausgenützten Besitz den Genuß noch völlig unangerührt läßt. Nach dieser Seite hin fällt die Bedeutung des Geldes mit der der Macht zusammen; wie diese ist es ein bloßes Können, das die Reize einer nur subjektiv antizipierbaren Zukunft in der Form einer objektiv vorhandenen Gegenwart sammelt. Tatsächlich enthält die Vorstellung der » Möglichkeit« zwei, in der Regel nicht hinreichend auseinandergehaltene Motive. Wenn man irgend etwas zu »können« behauptet, so bedeutet dies keineswegs nur die gedankliche Vorwegnahme eines zukünftigen Geschehens, sondern einen schon jetzt wirklichen Zustand von Spannkräften, physischen oder psychischen Koordinationen, bestimmt gerichteten Lagerungen vorhandener Elemente; wer klavierspielen »kann«, unterscheidet sich, auch wenn er es nicht tut, von jemandem, der es nicht kann, keineswegs nur in einem zukünftigen Momente, wo er es tun wird, dieser aber nicht, sondern schon in dem gegenwärtigen durch eine ganz konkrete, gegenwärtige Verfassung seiner Nerven und Muskeln. Dieser Zustand des Könnens, der an sich gar nichts von Zukunft enthält, führt aber nun, zweitens, zu der Wirklichkeit des »Gekonnten« nur durch das Zusammentreffen mit gewissen weiteren Bedingungen, deren Eintreten wir nicht ebenso gewiß vorherwissen. Dieses Unsicherheitsmoment und jenes Gefühl oder Wissen einer jetzt schon aktuellen Kraft oder Zustandes, bilden die Elemente des Könnens, und zwar in quantitativ sehr mannigfaltigen Mischungen, anhebend etwa von dem: ich kann klavierspielen - wo das Moment des Wirklichen sehr überwiegt und die Unsicherheit über die außerdem erforderlichen Bedingungen minimal ist, bis zu dem: der nächste Wurf kann alle Neun sein - wo die gegebenen und bekannten zuständlichen Bedingungen im Augenblick völlig in der Minderzahl sind gegenüber den für jenen Erfolg noch außerdem erforderlichen, aber völlig unsicheren Momenten. Hier stellt nun das Können, das im Gelde gleichsam geronnen und Substanz geworden ist, eine ganz einzigartige Kombination dar. Was man an ihm wirklich besitzt, ist, in seiner Beschränkung auf den Augenblick des Besitzes, gleich Null; das Entscheidende dafür, daß es sich zu wertvollen Ergebnissen entwickle, liegt vielmehr ganz außerhalb seiner. Aber die Sicherheit, daß dieses Anderweitige auch wirklich im richtigen Momente dasein werde, ist ungeheuer groß. Während in der Regel das im »Können« enthaltene Maß von Festigkeit und Unzweideutigkeit in dem gegenwärtig vorhandenen und Tatsächlichen liegt, alles - Künftige aber unsicher ist, ist dem Gelde gegenüber diese letztere Unsicherheit völlig verschwunden, dagegen aber ist das schon Gegenwärtige, aktuell Besessene als solches völlig belanglos. Dadurch ist der spezifische Ton des Könnens an ihm auf das äußerste zugespitzt: es ist wirklich bloßes Können, im Sinne einer Zukunft, an der das Gegenwärtige, das wir in der Hand haben, allein seine Bedeutung hat; aber es ist auch wirkliches Können im Sinne völliger Gewißheit über die Realisierbarkeit solcher Zukunft.

 


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