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Gnade

Gnade. Gnadenwirkungen, Wunder, Geheimnisse, Gnadenmittel sind gleichsam „Parerga der Religion innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft; sie gehören nicht innerhalb derselben, aber stoßen doch an sie an. Die Vernunft im Bewußtsein ihres Unvermögens, ihrem moralischen Bedürfnis ein Genüge zu tun, dehnt sich bis zu überschwenglichen Ideen aus, die jenen Mangel ergänzen könnten, ohne sie doch als einen erweiterten Besitz sich zuzueignen. Sie bestreitet nicht die Möglichkeit oder Wirklichkeit der Gegenstände derselben, aber sie kann sie nur nicht in ihre Maximen zu denken und zu handeln aufnehmen“, Rel. 1. St. Allg. Anmerk. 4. Anm. (IV 67). — Gnade ist „der Ratschluß ’. eines Oberen zu Erteilung eines Guten, wozu der Untergeordnete nichts weiter als die (moralische) Empfänglichkeit hat“, ibid. 2. St. 1. Abs. c, 5. Anm. (IV 84). „Was Gutes der Mensen nach Freiheitsgesetzen für sich selbst tun kann, in Vergleichung mit dem Vermögen, welches ihm durch übernatürliche Beihilfe möglich ist, kann man Natur zum Unterschied von der Gnade nennen.“ „Der Begriff eines übernatürlichen Beitritts zu unserem moralischen, obzwar mangelhaften Vermögen ... ist transzendent und eine bloße Idee, von deren Realität uns keine Erfahrung versichern kann. — Aber selbst als Idee in bloß praktischer Absicht sie anzunehmen, ist sehr gewagt und mit der Vernunft schwerlich vereinbar; weil, was uns als sittliches gutes Verhalten zugerechnet werden soll, nicht durch fremden Einfluß, sondern nur durch den bestmöglichen Gebrauch unserer eigenen Kräfte geschehen müßte“, ibid. 4. St. Allg. Anmerk. (IV 223 f.). „Wenn unter Natur das im Menschen herrschende Prinzip der Beförderung seiner Glückseligkeit, unter Gnade aber die in uns liegende unbegreifliche moralische Anlage, d.i. das Prinzip der reinen Sittlichkeit verstanden wird, so sindNatur und Gnade nicht allein voneinander unterschieden, sondern auch oft gegeneinander in Widerstreit. Wird aber unter Natur (in praktischer Bedeutung) das Vermögen, aus eigenen Kräften überhaupt gewisse Zwecke auszurichten, verstanden, so ist Gnade nichts anderes als Natur des Menschen, sofern er durch sein eigenes inneres, aber übersinnliches Prinzip (die Vorstellung seiner Pflicht) zu Handlungen bestimmt wird, welches, weil wir uns es erklären wollen, gleichwohl aber weiter keinen Grund davon wissen, von uns als von der Gottheit in uns gewirkter Antrieb zum Guten, dazu wir die Anlage in uns nicht selbst gegründet haben, mithin als Gnade vorgestellt wird. — Die Sünde nämlich (die Bösartigkeit in der menschlichen Natur) hat das Strafgesetz (gleich als für Knechte) notwendig gemacht, die Gnade aber (d. i. die durch den Glauben an die ursprüngliche Anlage zum Guten in uns und die durch das Beispiel der Gott wohlgefälligen Menschheit an dem Sohne Gottes lebendig werdende Hoffnung der Entwicklung dieses Guten) kann und soll in uns (als Freien) noch mächtiger werden, wenn wir sie nur in uns wirken, d. h. die Gesinnungen eines jenem heiligen Beispiel ähnlichen Thebens wandeis tätig werden lassen“ Str. d. Fak. 1. Abs. II. Anh. einer Erläuterung II (V 4, 85 f.).; vgl. Lose Bl. G 2. Vgl. Christentum, Reich der Gnade.