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Begreifen

Begreifen. Nur „soviel sieht man vollständig ein, als man nach Begriffen selbst machen und zustande bringen kann“, KU § 68 (II 248). Etwas begreifen (comprehendere) heißt „in dem Grade durch die Vernunft oder a priori erkennen, als zu unserer Absicht hinreichend ist“. „Denn alles unser Begreifen ist nur relativ, d. h. zu einer gewissen Absicht hinreichend, schlechthin begreifen wir gar nichts“, Log. Einl. VIII (IV 72).

„Die Gegenstände, welche uns durch Erfahrung gegeben werden, sind uns in vielerlei Absicht unbegreiflich, und es können viele Fragen, auf die uns das Naturgesetz führt, wenn sie bis zu einer gewissen Höhe, aber immer diesen Gesetzen gemäß getrieben werden gar nicht aufgelöst werden, z. B. woher Materien einander anziehen. Allein, wenn wir die Natur ganz und gar verlassen oder im Fortgange ihrer Verknüpfung alle mögliche Erfahrung übersteigen, mithin uns in bloße Ideen vertiefen, alsdann können wir nicht sagen, daß uns der Gegenstand unbegreiflich sei und die Natur der Dinge uns unauflösliche Aufgaben vorlege; denn wir haben es alsdann gar nicht mit der Natur oder überhaupt mit gegebenen Objekten, sondern bloß mit Begriffen zu tun, die in unserer Vernunft lediglich ihren Ursprung haben, und mit bloßen Gedankenwesen, in Ansehung deren alle Aufgaben, die aus dem Begriffe derselben entspringen, müssen aufgelöst werden können, weil die Vernunft von ihrem eigenen Verfahren allerdings vollständige Rechenschaft geben kann und muß“, Prol. § 56 (III 118 f.). „Es klingt also nur paradox und ist übrigens nicht befremdlich, zu sagen, in der Natur sei uns vieles unbegreiflich (z. B. das Zeugungsvermögen), wenn wir aber noch höher steigen und selbst über die Natur hinausgehen, so werde uns wieder alles begreiflich; denn wir verlassen alsdann ganz die Gegenstände, die uns gegeben werden können, und beschäftigen uns bloß mit Ideen, bei denen wir das Gesetz, welches die Vernunft durch sie dem Verstande zu seinem Gebrauch in der Erfahrung vorschreibt, gar wohl begreifen können, weil es ihr eigenes Produkt ist“, ibid. Anm. (III 119). Vgl. Inneres, Verstehen, Übersinnlich, Freiheit, Praktisch, Vernunft, Imperativ.