Anordnung

Anordnung. (Schöne Künste) Anordnen heißt jedem Dinge seinen Ort anweisen und daher versteht man, was in einem Werk der Kunst die Anordnung sei.

 Dass ein ganzes Werk, nach Beschaffenheit der Absicht, sich der Einbildungskraft auf die vorteilhafteste Weise darstellet; dass es als ein unzertrennliches Ganzes erscheint, in dem weder Mangel noch Überfluss ist; dass jeder Teil durch den Ort, wo er steht, die beste Wirkung tut; dass man das ganze mit Vergnügen übersieht und in der Vorstellung desselben jeden Hauptteil wohl bemerkt oder bei Betrachtung jedes einzeln Teils auf eine natürliche Weise zu der Vorstellung des Ganzen geführt wird; dieses sind Wirkungen der guten Anordnung. Ohne sie kann kein Werk, im Ganzen betrachtet, vollkommen sein, was für einzelne Schönheit es immer haben mag.

  Einzelne Schönheiten bringen zwar bisweilen Werken der schlechtesten Anordnung den Ruhm vortrefflicher Werke zuwege. In diesem Falle sind verschiedene Trauerspiele des Shakespear; Gemälde des unsterblichen Raphaels und viele Werke anderer Künstler. Man lobt zu unbestimmt und legt die Vortrefflichkeit der einzeln Teile dem Ganzen bei. Dieses aber soll keinen Künstler abhalten, den äußersten Fleis auf eine gute Anordnung zu wenden. Einzelne Schönheiten, die wir jetzt in übel geordneten Werken bewundern, würden uns weit mehr reizen, wenn das Ganze vollkommener wäre.

 Man lasse sich durch die Nachsicht, die man für schlechte Anordnungen bisweilen zeigt, nicht verführen. Dieser Teil der Kunst ist doch höchst wichtig. Zwar bleibt ein nach allen Regeln angeordnetes Werk, dessen einzelne Teile ohne Kraft und ohne Reizung sind, allemal ein schlechtes Werk. Hingegen tun schöne Teile auch nur bei der besten Anordnung ihre volle Wirkung; so wie ein schönes Gesicht nur von der Schönheit der ganzen Person die volle Kraft des Reizes bekommt.

 Die Anordnung macht nächst der Erfindung ohne Zweifel den wichtigsten Teil der Kunst aus. Ist der Künstler in diesen beiden Stücken glücklich gewesen, so wird es ihm bei Ausarbeitung seines Werks niemals an dem nötigen Feuer der Einbildungskraft fehlen, ohne welche kein Werk erträglich wird. Der gute Einfluss, den die Schönheit des Plans auf seinen Geist macht, erleichtert ihm alle Arbeit. Dies erfuhr der griechische Comicus Menander. Als er einstmals, kurz vor dem Feste des Bachus, von einem Freund gefragt wurde, warum er noch kein Lustspiel verfertigt habe, da doch das Fest so nahe sei, antwortete er: Ich bin fertig; denn beide, die Erfindung und Anordnung habe ich bereits im Kopfe.1

Es ist begreiflich, dass ein Künstler, der die Hauptteile seines Werks, wegen ihrer guten Anordnung, sich mit Vergnügen vorstellt und das Ganze in seinen Teilen immer übersehen kann, mit der Freiheit und Lust arbeitet, ohne welche kein Werk einen glücklichen Fortgang haben kann. Hingegen muss auch das ängstliche Wesen, das er bei der Ungewissheit oder bei der Unsicherheit seines Plans notwendig empfindet, einen üblen Einfluss auf seine Arbeit haben. Wir raten daher jedem Künstler, dass er die glücklichsten Augenblicke, wo er seinen Geist durch das himmlische Feuer der Musen am meisten erhitzt fühlt, auf die Anordnung und Verfertigung seines Plans anwende. Die glücklich erhitzte Einbildungskraft tut dabei unendlich mehr Vorteil als die Regeln. Denn allgemein sieht sie in Werken des Geschmacks mehr und besser als die Vernunft selbst.

 Die Anordnung eines jeden Werks muss durch seine Absicht oder durch die Wirkung, welche es tun soll, bestimmt werden. Dieses haben alle mit einander gemein, dass sie, im Ganzen betrachtet, unsere Aufmerksamkeit reizen und dass die Teile in der Ordnung erscheinen müssen, die jedem seine bestimmte Wirkung gibt. Denn nur aus dieser Absicht werden einzelne Gegenstände in ein Ganzes verbunden. Jedes Werk des Geschmacks, so weitläufig es auch ist, muss eine einzige Hauptvorstellung erwecken: seine Teile müssen diese Hauptvorstellung ausführlich und lebhaft machen. Denn ohne dieses ist das Werk kein ganzes, sondern eine Zusammenhäufung mehrerer Werke. Macht der Künstler sich an die Arbeit, ehe er eine bestimmte Hauptvorstellung des Ganzen hat oder ehe sie ihm deutlich genug ist, so wird er in der Anordnung niemals glücklich sein.

 Das Ganze fällt unstreitig am besten in die Einbildungskraft, das aus wenigen, wohl zusammen hangenden Hauptteilen besteht, deren jeder das, was er mannigfaltiges hat, wieder in kleineren Hauptparteien vorstellt. So zeigt uns der menschliche Körper, das vollkommenste Ganze in Absicht auf Figur, nur wenige Hauptteile, ob er gleich aus unzähligen Gliedern besteht. Jeder Hauptteil scheint anfänglich wieder ein unzertrennliches Ganzes auszumachen, bis man bei genauer Betrachtung bemerkt, dass er aus sehr vielen kleinen Teilen zusammen gesetzt sei, davon jeder die beste Stelle, so wohl in Absicht auf seinen Gebrauch, als auf die engeste Verbindung mit dem ganzen, einnimmt. An diesem vollkommenen Bau kann man nichts versetzen, keine Teile weder weiter aus einander dehnen, noch enger zusammen bringen, ohne das Ansehen des ganzen zu verlezen. So ist jedes vollkommene Werk der Kunst. Man glaubt, es sei unmöglich irgend einen Teil zu versetzen; jedes scheint da, wo es ist, notwendig; kein Teil kann gefasst werden, ohne dass das ganze zugleich sich dem Anschauen darstelle.

 Es sind hauptsächlich drei Dinge, welche die Anordnung eines Werks vollkommen machen. Die genaue Verbindung aller Teile; eine hinlängliche Abwechslung oder Mannigfaltigkeit in den auf einander folgenden Teilen; und die Verwicklung der Vorstellungen. Diesem zufolge hat der Künstler bei Anordnung seines Plans beständig darauf Acht zu haben, dass die Einbildungskraft zwar immer mit dem Hauptinhalt beschäftigt sei und von jedem einzeln Teil immer natürlicher Weise auf das ganze zurück geführt werde, dass aber zugleich die Einbildungskraft und das Herz mit abwechselnden Gegenständen mannigfaltig beschäftigt werden und dass die Entwicklung der Hauptsache gehörig aufgehalten werde um die Neugierde immer mehr zu reizen, bis dass sich am Ende alles wieder in eine einzige Hauptvorstellung vereinigt.

 Wichtige Fehler gegen die gute Anordnung sind es, wenn der Plan, wegen der großen Menge einzelner Teile, schwer zu übersehen ist; wenn es schwer wird, die Absicht und das wesentliche der Vorstellung zu erkennen; wenn man ganze Hauptteile, dem Werk ohne Schaden, versetzen, vergrößern oder verkleinern kann; wenn Nebensachen oder untergeordnete Teile mehr in die Augen fallen als wesentliche.

Damit wir uns aber nicht allzu lange bei allgemeinen Betrachtungen aufhalten, deren Anwendung zu unbestimmt scheinen könnte; so wollen wir die Anordnung in den verschiedenen Werken des Geschmacks besonders betrachten.

 Anordnung in der Baukunst. Diese geht so wohl auf die ganze Figur und das Ansehen der Außenseiten als auf die innere Austeilung der Zimmer. Die Absicht und der Gebrauch des Gebäudes setzen seine Größe, die Anzahl und Beschaffenheit der Zimmer fest. Allein diese können auf gar verschiedene Weise in ein ganzes zusammen verbunden werden. Diese Anordnung ist ein Werk des Geschmacks und das Vornehmste, was ein Baumeister wissen muss.

  Die Anordnung der Figur oder ganzen Maße des Gebäudes, ist dadurch ziemlich eingeschränkt, dass man nicht wohl andere Figuren wählen kann als die aus dem Viereckigten und Runden zusammen gesetzt sind. Es ist eine ungereimte Ausschweifung, wenn man einem Gebäude die Figur einer Vase oder gar, wie unlängst ein französischer Baumeister sich hat einfallen lassen, eines Tieres geben will. Die unzähligen unnützen Winkel, die eine sehr zusammen gesetzte und nach Krümmungen gezogene Figur des ganzen notwendig hervorbringt, verursachen unnötige Unkosten, sie wieder zu verbergen. Wie es überhaupt ein großer Fehler ist, wenn man in Werken der Kunst die Aufmerksamkeit auf Nebensachen ziehet, so ist es insbesondere in der Baukunst gegen die Vernunft, wenn man das wesentliche eines Gebäudes durch das seltsame der äußeren Figur verstecken und einem Haus das Ansehen eines Blumentopfs oder einer Muschel geben wollte.

 Die erste Sorge des Baumeisters muss auf die Bequemlichkeit und Annehmlichkeit der inneren Einrichtung als des wesentlichsten, gerichtet sein; die äußere Figur nach den einfachsten Regeln, die aber der inneren Austeilung immer untergeordnet sein sollen, bestimmt werden. Ein Baumeister von wahrem Geschmack wird selten andre als die einfachsten Formen, des Vierecks oder der Rundung wählen und Sorge tragen, dass das Ganze mit seinen Nebenteilen auf einmal in die Augen falle.

 Zu kleinen Gebäuden und Wohnhäusern, die keine gar große Menge und Mannigfaltigkeit der Zimmer erfordern, scheint die Figur des Würfels die beste zu sein. Denn unter allen viereckigten Figuren ist sie die, welche bei dem kleinsten äußern Umfang, inwendig den größten Raum einschließt. Man hat also dabei den Vorteil, dass die Zimmer auf die kürzeste und bequemste Weise können neben einander gesetzt werden. Von außen aber lässt die große Einfalt der Form dem Auge die Freiheit sich so gleich nach dem Wesentlichen der Außenseiten, der Richtigkeit der Linien, den Verhältnissen der Teile und der Symmetrie, umzusehen und daran Vergnügen zu finden. Alle lang gedehnte Vierecke, da das Gebäude schon zwei oder mehr mal breiter als tief ist, sind zu verwerfen. Dann dadurch gerät man nicht nur in eine unnötige Weitläufigkeit der Mauern, sondern die Teile der Außenseiten werden zu weit auseinander gestreut und inwendig werden die Zimmer in einen zu großen Raum versetzt.

 Erfordert das Gebäude schon eine große Anzahl der Zimmer, so dass inwendig verschiedene Reviere davon, für mancherlei Gattungen der Personen nötig sind; so tut man wohl, das Ganze in drei oder mehr Vierecke zu teilen und dem Hauptviereck, welches die Franzosen das Corps de logis, die Hauptwohnung nennen, noch kleinere beizusetzen, die allgemein Flügel genannt werden. Die alten italienischen Baumeister setzten um die Hauptwohnung noch drei Flügel in ein Viereck herum, so dass alle vier Teile des Gebäudes einen viereckigten Hof einschloßen. Diese Anordnung hat viel Pracht und Bequemlichkeit. Allein dabei haben die vier Seiten nach dem Hofe keine Aussicht, und wenn man gerade vor einer Außenseite des Gebäudes steht, so sieht man nur den vierten Teil desselben auf einmal.

  Die französischen Baumeister haben diese Art so verändert, dass sie den einen Flügel, der der Hauptwohnung gegen über steht, weg lassen und an statt dessen eine bloße Mauer oder ein Gitter, vorziehen. Dadurch erhält man von drei Seiten eine Aussicht auf die Straßen und bei dem Eingange des Hofes übersieht man auf einmal die drei Hauptaußenseiten des Gebäudes, welches dadurch ein reicheres Ansehen bekommt als die, welche auf die welsche Art gebaut sind. Hingegen fällt dann alle unmittelbare Gemeinschaft zwischen den zwei Flügeln weg.

 Man pflegt aber auch der Hauptwohnung die Flügel so anzuhängen, dass sie mit ihr in einer geraden Linie fortlaufen. Dieses ist eine gute Anordnung, wenn die Flügel nicht allzu lange sind; denn dadurch würde die ganze Außenseite zu sehr gedehnt werden.

 Die große Menge der Menschen, welche in Palästen großer Herren wohnen müssen, und die große Verschiedenheit ihrer Verrichtungen, erfordern größere Anstalten und künstlichere Anordnungen der ganzen Form derselben. Es geht nicht wohl an, dass ein solches Gebäude in eine einzige Masse zusammen geordnet werde. Die Hauptsache kommt dabei darauf an, dass diejenigen Teile und Zimmer, die zu den verschiedenen häuslichen Verrichtungen und für die Wohnung der Unterbedienten bestimmt sind, an bequeme Stellen gebracht werden, ohne der Pracht des Ganzen zu schaden; dass jeder Hauptteil zur Vermehrung des großen Ansehens beitrage und dennoch einigermaßen für sich abgesondert sei. Die gute Wahl der Hauptform eines großen Palastes ist vielleicht der schwerste Teil der Baukunst.

 Nachdem der Baumeister die Form des ganzen Gebäudes fest gesetzt hat, muss er auf die Anordnung der Außenseiten denken. Bei dieser kommt es bloß auf das gute Ansehen des Gebäudes an. Die meisten besonderen Regeln, die dabei zu beobachten sind, wird man in den Artikeln, Symmetrie, Aussenseite,

   Regelmäßigkeit, Verhältnis, Säulenordnung, Gebäude, angeführt finden. Wir wollen deswegen hier über die Anordnung der Außenseite nur ein Paar allgemeine Anmerkungen den Baumeistern zur Überlegung vortragen.

 Überhaupt empfehlen wir hierzu die möglichste Einfalt, nach Maßgabe der Ordnung, die man gewählt hat. Diese ist der größten Pracht nicht entgegen, sondern vielmehr eine Unterstützung derselben. Eine zu große Mannigfaltigkeit in der Anordnung der Außenseite, zumal, wenn sie in kleinen Teilen gesucht wird, vermindert die Pracht, welche allemal etwas großes voraus setzt und sie zerteilt die Aufmerksamkeit auf das Ganze. Man kann hierin keine bessere Muster erwählen als die Gebäude aus der goldenen Zeit der alten Baukunst. S. Zierraten.

 Erfordert es die Größe des Gebäudes, dass die verschiedenen Hauptteile der Außenseite durch eine Verschiedenheit in der Anordnung von einander abgezeichnet werden, so will der gute Geschmack, dass die ganze Außenseite in wenig, aber große Parteien, abgeteilt werde, davon die mittlere, wo der Haupteingang ist, durch einen mehreren Reichtum das Auge an sich ziehen soll. Verschiedene Hervorstechungen und mehrere Giebel an einer Aussenseite schaden dem guten Ansehen. Eine stille Größe, die ohne Verblendung ins Auge fällt, ist auch hier der höchste Grad des Schönen.

 Doch ist ein mageres Ansehen nicht mit der edlen Einfalt zu verwechseln. Ein sehr großes Gebäude, an dessen Außenseite sich kein Teil von dem anderen unterscheidet, dem es dabei an Pracht fehlt, wird mager. Die Tempel der Alten, welche rings herum mit einer oder zwei Reihen Säulen umgeben waren, sind einfach, aber wegen der Pracht der Säulengänge nicht mager, auch für ihre Größe nicht zu einförmig: aber eine Außenseite, von zweihundert und mehr Fuß lang, darin sich keine Hauptteile unterscheiden, hat ein mageres Ansehen.

 Indessen ist jedem Baumeister zu raten, sich auchbei den prächtigsten Gebäuden niemals weit von der größten Einfalt zu entfernen. Die höchste Pracht kann gar woldamit bestehen. Diese muss aber allemal in großen Hauptparteien gesucht werden. Nichts ist prächtiger als die Anordnung des großen Vorhofes vor der Peterskirche in Rom, ob es ihm gleich gar nicht an Einfalt fehlt. So gibt der in einen halben Kreis herum laufende Säulengang in Sanssonci, der den Vorhof einschließt, der ganzen Anordnung eine gewisse Größe, ohne welche das Gebäude wenig Ansehen haben würde.

 Überhaupt muss die Anordnung der Außenseite dem Charakter des ganzen Gebäudes gemäß sein. Es wäre ungereimt, eine Kirche und ein Ballhaus nach einerlei Charakter zu machen oder ein Zeughaus in dem Geschmack eines Palastes zu ordnen. Dieser kann alle Arten der guten Verzierungen vertragen, jenes aber nur die, welche den Charakter der Stärke und der ernsthaftesten Einfalt besonders an sich haben.

 In Ansehung der inneren Anordnung oder Austeilung der Zimmer hat der Baumeister die größte Überlegung und eine genaue Kenntnis der Sitten des Landes und der Personen nötig. In den großen Gebäuden, die in verschiedene Wohnungen abgeteilt werden müssen, wo der Herr und die Dame, die Söhne und die Töchter, höhere und geringere Bediente, jeder sein besonderes Revier haben müssen, hat man die Überlegung nötig, dass die Zimmer eines jeden Reviers, so wie es die Lebensart der Einwohner erfordert, durch eigene Eingänge, besondere Vorsäle oder Corridore, auch allenfalls durch kleinere Treppen abgesondert und nach Beschaffenheit ihrer Größe in den engsten Bezirk eingeschlossen werden. Die Paradenzimmer müssen mitten im Gebäude, die Wohnzimmer aber etwas entfernt davon angelegt werden. Das ganze Revier, wo die täglichen häuslichen Verrichtungen geschehen, welches die Franzosen les offices nennen, muss am sorgfältigsten von dem besten Teil des Hauses abgesondert werden, doch so, dass man durch verstecktere Wege aus den Wohnzimmern bequem dahin kommen könne. Die beste Art scheint die, dass sie halb unter die Erde kommen, wenn nur der Grund nicht zu feucht ist.

 Es ist kaum nötig, zu erinnern, dass die Staatszimmer groß und hoch und die täglichen Wohnzimmer, der Aufenthalt einzelner Personen, kleiner sein müssen und dass Personen von gewissem Range ihre Zimmer so angeordnet haben müssen, dass sie allezeit jemand von ihren Bedienten in der Nähe haben können; ingleichem, dass vor den Zimmern, da man sich gewöhnlich auf hält, Vorzimmer sein müssen.

Dergleichen Bequemlichkeiten werden so durchgehends gesucht, dass sie auch dem unerfahrensten Baumeister bekannt sind. In den Häusern vornehmer Personen ist es nötig, dass zunächst an dem Haupteingang ein Raum für einen Türhüter oder anderen Bedienten angelegt sei, welcher die Ankommenden melden oder zurecht weisen könne.

Die größte Schwierigkeit bei der inneren Anordnung machen die Ausgänge und die Durchgänge von einem Revier des Gebäudes zu den anderen. Es ist so wohl wegen besorglicher Feuersgefahr als verschiedener Bequemlichkeiten halber notwendig, dass jedes Revier, das, nach Beschaffenheit der Größe des ganzen Gebäudes, aus vier bis sechs Zimmern besteht, einerseits einen kurzen Ausweg aus dem Gebäude, anderseits einen bequemen Durchgang nach anderen Revieren habe. Sucht man diese Vorteile durch Corridore zu erhalten, die zwischen zwei Reihen von Zimmern durch gehen; so ist man allgemein verlegen, diesen Gängen hinlängliches Licht zu geben; außerdem haben sie noch die Unbequemlichkeit, dass man in allen Zimmern das hin und her gehen in den Corridoren hört: legt man lange Gänge oder Galerien gegen eine der Außenseiten des Gebäudes an; so entsteht dadurch die Unbequemlichkeit, entweder, dass man aus diesen Gängen durch die Fenster der Zimmer hinein sieht oder dass die Türen derselben dem Zugang der freien Luft zu sehr bloß stehen.

  Die vollkommenste Anordnung scheint demnach wohl diese zu sein, dass zwischen den verschiedenen Revieren kleine Flure angelegt werden, auf welche man von Außen durch besondere Treppen kommt; dass jedes Revier, an einem Ende nur einen einzigen Ausgang auf diesen, am anderen Ende aber, wieder einen auf einen anderen Flur habe. Die mittlern Zimmer eines jeden Reviers aber sind überall von anderen Zimmern eingeschloßen.

 Der Baumeister, der in diesem Teil seiner Kunst hinlängliche Geschicklichkeit erlangen will, muss, außer einer weitläufigen Kenntnis der vornehmsten Gebäude verschiedener Länder, auch genau von den Sitten, den Verrichtungen und der Lebensart der Personen unterrichtet sein, für welche er baut, damit keine Art der Bequemlichkeit, deren sie gewohnt sind vergessen werde. Eine große Mannigfaltigkeit verschiedener Anordnungen findet man insbesondere in ältern und neueren Gebäuden in Frankreich; besonders wird ein verständiger Baumeister in diesem Stück aus genauer Betrachtung der Sammlung großer Gebäude lernen können, die der französische Baumeister du- Cerceau heraus gegeben hat.2 Eine Sammlung solcher Gebäude, die das üblichste verschiedener Nationen enthielte, da ein chinesisches, persisches, türkisches, italienisches, französisches, englisches Haus, jedes mit einer etwas umständlichen Beschreibung des Gebrauchs der verschiedenen inneren Teile, vorgestellt würde, müsste einem angehenden Baumeister sehr nützlich sein; daraus würde er manche gute Regel der Anordnung lernen.

  Anordnung in der Malerkunst. Kein Werk des Geschmacks kann ohne eine gute Anordnung vollkommen schön sein, aber die Vollkommenheit des Gemäldes scheint am unmittelbarsten von derselben abzuhängen. Wenn der Maler darin nicht glücklich gewesen, so bleibt ihm kaum noch ein Mittel übrig seine Vorstellung recht begreiflich zu machen. Ein übel angeordnetes Gemälde lässt uns entweder in einer gänzlichen Unwissenheit seines Inhalts oder gibt uns doch nur eine ganz unvollkommene Vorstellung desselben.

  Man muss aber in dem Gemälde die dichterische Anordnung von der malerischen unterscheiden; jede hat ihre besondere Beschaffenheit. Durch jene verstehen wir die Ordnung, in welcher uns die Personen und die Handlung vors. Gesichte gelegt werden; durch diese aber die Ordnung in den Maßen des hellen und dunkeln, des Lichts und Schattens in Absicht auf die Haltung und Harmonie. Man weiß, dass zu jeder besondere Talente erfordert werden, und dass Gemälde in Absicht auf die eine Anordnung vollkommen sein können, wenn sie wegen der anderen sehr schwach sind. Wir können den > I>Paul Veronese zum Beispiel anführen, der die dichterische Anordnung in Gemälden, darin die malerische Anordnung vollkommen ist, sehr schlecht beobachtet hat. Seine Hochzeit zu Cana ist voller Fehler.

 Die poetische Anordnung bestimmt die Ordnung der vorzustellenden Sache also, dass die ganze Vorstellung deutlich und lebhaft erkennt werde. Da man aber keine Sache erkennen kann als durch ihr Wesen, so muss in jedem Gemälde die Hauptsache, der Grund der ganzen Vorstellung zuerst in die Augen fallen. Denn nach diesen muss alles andere beurteilt werden.

  Demnach erfordert die Anordnung eines historischen Gemäldes, dass die Hauptpersonen mit dem, was ihre Handlung bezeichnet, zuerst ins Auge fallen. Sie müssen von den Nebenpersonen durch besondere Gruppen, die das Auge gleich an sich ziehen, unterschieden sein. Diese vorstechende Bezeichnung der Hauptgruppe kann so wohl durch die Größe der Figuren als durch die Zusammenhaltung des Hauptlichts auf derselben und die vorzügliche Stelle, worauf sie erscheinen, erhalten werden. Es wäre ein sehr großer Fehler gegen die Anordnung, wenn man die Hauptpersonen mit Mühe aus der Mannigfaltigkeit der vorhandenen Gegenstände heraus suchen müsste. Besteht die Hauptgruppe aus mehreren Personen, so muss die Hauptperson so gleich das Auge an sich ziehen.

Dieses ist der Mittelpunkt, auf welchen alles übrige hingeführt wird.

 Man begreift leichte, dass der Maler hierin nicht wohl glücklich sein könne, wenn er nicht die Wirkung seines Gemäldes sich auf das deutlichste vorstellt. So lange er selbst bei der Vorstellung seines Inhalts nichts bestimmtes empfindet, so wird er auch nichts bestimmtes ausdrücken. Er muss notwendig die Geschichte, die er vorstellen will, in einem gewissen Gesichtspunkt betrachten und demselben zufolge von einem bestimmten Eindruck als der Wirkung dieser Vorstellung, gerührt werden. Die Handlung selbst oder die Hauptperson, muss durch ihren Charakter Ehrfurcht oder Mitleiden oder Unwillen oder irgend eine andere Empfindung erwecken. Diese muss der Künstler notwendig zuerst fühlen und den Grund dieses Gefühls in seiner eigenen Vorstellung entdecken; denn sonst wird er unmöglich seinen Inhalt so vorstellen, dass er auf andere eine bestimmte Wirkung tue. Ist er aber seiner eigenen Empfindung gewiss, bemerkt er, wodurch sie in ihm entsteht; so wird er auch ohne Mühe die Gegenstände, welche sie erregen, gehörig darstellen.

 Mit den Hauptpersonen müssen danach die übrigen so verbunden werden, dass sie zu der einzigen Hauptvorstellung das ihrige mit beitragen und nicht anders als Teile eines einzigen Gegenstandes und als Glieder eines einzigen Körpers, erscheinen. Erfordert die Erfindung des Gemäldes eine Mannigfaltigkeit der Personen und der untergeordneten Handlungen; so müssen sie nicht zufällig hingestellt werden, dass das Auge ungewiss wird, worauf es in dieser Verwirrung zu sehen habe. Was die Hauptvorstellung am meisten verstärket, soll in einer Gruppe stehen, die zunächst mit der Hauptgruppe verbunden ist, das andere immer entfernter, so wie es das Interesse bei der Handlung erfordert. Von der besonderen Beschaffenheit der Gruppen ist an einem anderen Orte gesprochen worden. Hierbei tut der Maler wohl, wenn er die allgemeine Regel, die wir oben gegeben, wenig und große Hauptteile zu machen, vor Augen hat. Alle Gruppen zusammen müssen auf einmal wohl in die Augen fallen und im Ganzen keine unangenehme Zerstreuung machen. Das Auge muss ohne Ungewissheit von einer auf die andere geleitet werden und keine muss so abgesondert sein, dass sie nicht leicht auf die Hauptvorstellung zurück führe. S. Gruppe.

 Da der Maler selbst nichts unnützes oder überflüssiges in seine Vorstellung bringen soll, so muss auch alles dem Auge merkbar sein. Er untersuche deswegen sorgfältig, ob jedes so gesetzt ist, dass kein Teil leicht könne vergessen oder übersehen werden. Dieses aber wird nicht leicht geschehen, wenn alles so zusammen geordnet ist, dass in dem Ganzen eine dem Auge unangenehme Lücke entstünde, so bald ein Teil fehlen sollte.

Daraus folgt diese für die gute Anordnung wichtige Regel, dass alle Gruppen zusammen, eine Hauptmasse von einer einfachen Form ausmachen müssen, in welcher jeder Mangel leicht zu bemerken ist. In dieser Anmerkung hat ohne Zweifel die Regel ihren Grund, die einige Kunstrichter geben, dass man alle Gruppen so viel möglich in eine pyramidische Form zusammen bringen soll. Freilich sind viel schätzbare Gemälde nicht auf diese Art angeordnet. Aber eben deswegen sind sie auch weniger vollkommen.

 In diesem Stück aber muss die malerische Anordnung der poetischen zu Hilfe kommen, wie wir bald sehen werden. Nur dieses wollen wir noch als ein gutes Mittel, die Anordnung der Einbildungskraft sicherer einzuprägen, vorschlagen, dass der Maler keine einzige Gruppe anbringe, in welcher nicht irgend eine Figur etwas besonders an sich habe. So wie man in einer Ode nicht leicht eine Strophe vergisst, wenn in jeder ein sehr lebhaftes Bild oder ein glänzender Gedanken ist; so wird man auch nicht leicht eine Gruppe des Gemäldes vergessen, wenn sie sich durch etwas recht ausgezeichnetes unterscheidet.

  Für die poetische Anordnung hat der Maler vorzüglich Raphaels Werke zu studieren. Den Weg, worauf er zur Vollkommenheit dieses Teils der Kunst gekommen ist, beschreibt ein großer Künstler also: »wenn Raphael ein Bild ersann, so dachte er erst an die Bedeutung desselben, nämlich: was es vorstellen sollte; folgends: wie vielerlei Regungen in dem gebildeten Menschen sein könnten; welche die stärksten und die schwächsten wären; in was für Menschen diese oder jene angebracht und was für Menschen und wie viele da eingeführt werden können; wo jeder, nämlich wie nahe und fern er von der Hauptbedeutung stehen müsste, dieses oder jenes Gefühl zu haben. So dachte er, ob sein Werk groß oder klein sein würde. Wenn ein Werk sehr groß war; wie viel die Hauptgeschichte oder die Bedeutung der Hauptgruppen die anderen angehen könnte; ob die Geschichte augenblicklich oder langwierig war; ob sie in ihrer Beschreibung sehr bedeutend; ob vorher etwas geschehen, so die itzige Handlung angeht und ob aus dieser bald eine andere Geschichte floß; ob es eine sanfte ordentliche Geschichte oder eine stürmische unordentliche, traurig stille oder traurig verwirrte wäre. Wenn Raphael dieses erst bedacht hatte, so wählete er das notwendigste, danach richtete er seine Hauptabsicht und diese machte er deutlich: dann setzte er staffelweise alle Gedanken nach ihrer Würde, immer die notwendigen vor den unnötigen. Blieb also sein Werk mangelhaft, so blieb nur das geringere weg und das schönste war da; da bei anderen Künstlern oft das nötigste fehlt und die Artigkeiten im unnützen gesucht sind.«3

 Tut man zu diesen Anmerkungen noch dieses hinzu, dass, um einige Verwicklung in die Handlung zu bringen, wodurch sie mehr Lebhaftigkeit bekommt, die Gruppen so anzuordnen sind, dass eine hinlängliche Abwechslung in den Charakteren sei, so wird das, was wir hier angemerkt haben, das wichtigste sein, was der Künstler bei der poetischen Anordnung in Acht zu nehmen hat.

 Wir müssen aber nicht unbemerkt lassen, dass es zwei Hauptgattungen der dichterischen Anordnung gebe, die einander gerade entgegen gesetzt sind. Die eine, welche die gewöhnlichste ist, stellt das wesentliche der Handlung in der Hauptgruppe vor und setzt in einigen Nebengruppen die Folgen derselben vor Augen; nach der anderen aber werden die Folgen in der Hauptgruppe dargestellt und die Handlung, welche diese Folge hervor gebracht, wird in der Entfernung, als schon vollendet, an gedeutet. Von dieser letztern Art ist das Gemälde des Albans von dem Raub der Proserpina, welches im Artikel Allegorie beschrieben worden. Diese Anordnung hat mehr Verwicklung als die andre, weil man erst die Wirkung gewahr wird, ehe man ihre Ursache entdeckt. Wenn ein Maler denselben Inhalt mehr als einmal zu bearbeiten hat, so kann er sich, der Abwechslung halber, bald der einen, bald der anderen Methode, bedienen.

 Die malerische Anordnung hat zum Teil eben den Endzweck, den die poetische hat. Sie muss die ganze Vorstellung wichtig, reizend und so viel möglich ist, unvergeßlich machen. Nur dass sie sich anderer Mittel bedient, zu demselben Endzweck zu gelangen. Ihre Vollkommenheit besteht überhaupt in der Vereinigung des Ganzen, in eine einzige Hauptmaße von angenehm harmonierenden Farben, hellen und dunkeln Stellen, die zusammen eine gute Form ausmachen, so dass das Auge nicht nur durch die Lokung der Farben von dem Hauptteil unvermerkt auf alle Nebenteile, wie es die Absicht der Vorstellung erfordert, geführt werde, sondern auch das Ganze sich der Einbildungskraft tief eindrucke.

 Wenn wir diese allgemeine Regel entwickeln, so werden wir finden, dass sie folgende besondere in sich begreift.

 Wie in der dichterischen Anordnung die Gegenstände in Gruppen abgeteilt sind, so müssen in der malerischen die hellen und dunkeln Teile gruppirt sein oder Maßen ausmachen.4 Die stärksten Lichter und Schatten und die ausgeführteste Zeichnung, müssen sich mitten auf der Hauptgruppe befinden. Denn da das Auge allemal zuerst auf das deutlichste geführt wird, so muss diese Deutlichkeit notwendig da angebracht werden, wohin das Auge zuerst sehen soll.

 Von der Hauptgruppe muss die Deutlichkeit nach und nach abnehmen, so dass sie von den Gruppen, welche zunächst an der vornehmsten sind, bis auf die entferntesten allmählich geschwächt werde.

  Man kennt keine Maße, auf der das Auge mehr Ruhe finde, als auf der pyramidenförmigen. Diese Form muss der Maler vorzüglich zu seiner Hauptmaße wählen. Es ist aber nicht nötig, dass die Spitze der Pyramide allemal in die Höhe gehe. Die Maße, welche die Form der liegenden Pyramide hat, ist eben so vorteilhaft, als die, welche nach der stehenden geformt ist. Nach dieser Form scheint die Ründe der Kugel dem Auge die meiste Ruhe zu geben. Daher kann der Maler diese wählen, wenn jene die Freiheit seiner Anordnung einschränken sollte.

 Der Grund des Gemäldes oder alles das, was hinter der Maße der gesammten Gruppen ist, muss nach Beschaffenheit der Maße des hellen und dunkeln, welche die Gruppen ins Auge schicken, entweder im hellen oder dunkeln so gehalten werden, dass die Maßen sich von dem Grund hinlänglich absondern. Wenn nämlich die Gruppen zusammen genommen eine helle Maße ausmachen, so muss der Grund etwas dunkel sein; ist aber die Maße überhaupt dunkel, so muss der Grund heller sein.

 Man wird finden, dass allemal die Gemälde, wo das Licht auf der Hauptgruppe in eine einzige Maße zusammengebracht ist und gegen das Ende des Gebäudes aller Gruppen beständig abnimmt, so dass das helle und dunkle eine unzertrennliche Maße ausmachen, die beste Wirkung tun. Man erhält dadurch auch bei reichen und weitläufigen Vorstellungen eine Einfalt, die das Auge auf eine unvergeßliche Weise rührt.

Man hat Gemälde von großen Meistern, die aus zwei Hauptmaßen bestehen, da die eine dunkel, die andere helle ist. Diese Anordnung scheint doch allemal der Einheit des Gemäldes zu schaden. Allenfalls könnte man sie in solchen Fällen brauchen, wo die Natur der Vorstellung zwei Handlungen erforderte, deren eine der anderen untergeordnet wäre. Wie dem aber sei, so wird ein solches Gemälde niemals den lebhaften Eindruck machen als wenn es nur aus einer Maße bestünde.

 Jede Gruppe muss sich durch etwas besonders so wohl in den Farben als in der Zeichnung und dem Charakter, unterscheiden, damit sie unter den anderen nicht unbemerkt bleibe. Denen, die in den stärksten Schatten kommen, kann man durch helle Farben in den Kleidungen aufhelfen, damit das Auge dadurch hinlänglich gerührt werde.

 Es soll kein einziger Teil, von der ganzen Maße der Gruppen abgesondert bleiben. Wenn demnach die Anordnung es unumgänglich erforderte, dass eine Gruppe besonders gesetzt werden müsste; so muss sie wenigstens durch einen unzertrennlichen Zusammenhang der Farben, des zwischen ihr und der Hauptmaße liegenden Grundes verbunden werden; es sei, dass ein Schlagschatten das Auge dahin führe oder dass ein zufälliger Gegenstand die Verbindung unterhalte. Nur hüte sich der Maler vor dem Fehler, in welchen große Meister, wie Tintoret, Paul Veronese und andere verfallen, die entlegene Gruppen, vermittelst ganz ungeschickter, dem Charakter der Vorstellung ganz unanständiger Figuren, verbunden haben.

  Auch davor hat er sich in Acht zu nehmen, dass die Hauptmaße nirgend durch den Rahm des Gemäldes abgebrochen werde; denn dieses würde die Vorstellung unvollkommen machen. Die Massen müssen notwendig so sein, dass das Auge befriediget und von dem höchsten Licht nach und nach auf schwächere fortgeleitet werde. Sollte aber die Maße des höchsten Lichtes so nahe an dem Rande liegen, dass sie auf einer Seite durch den Rahm abgeschnitten würde, so müsste notwendig das Ganze unvollkommen erscheinen. Eben so wenig darf man die Hauptgruppe so nahe an den Rand bringen, dass nicht alle Figuren ganz können ausgezeichnet werden.

 Es verdient bei der Anordnung auch sorgfältig überlegt zu werden, dass keine Verwirrung in der Vorstellung entstehe. Jede Person soll, nach ihrem Anteil an der Handlung, nicht nur einen guten Platz, sondern eine schickliche Wendung haben, dass diejenigen Teile des Körpers, Gesicht, Ärme oder Füße, die das meiste bei der der Vorstellung ausdrücken, nicht versteckt werden.

 So notwendig es ist, alles dichte zusammen zu halten, so muss dieses doch nicht zum Nachteil der Deutlichkeit geschehen. Eben darin besteht die große Kunst der Anordnung, dass eine einzige Maße, ohne Verwirrung dargestellet werde. Man sieht bisweilen Gemälde, wo alles so verwirrt ist, dass man kaum erraten kann, zu welchem Körper die Hände oder Füße gehören, die man in den Gruppen zerstreut sieht. Es gibt Maler, die um diesen Fehler zu vermeiden, alle Figuren, die in ihre Vorstellung kommen sollen, in Wachs bilden und auf einer Tafel so zusammen ordnen, wie es die Vorstellung erfordert. Dann entwerfen sie das Gemälde nach diesem Modell; eine Methode, welche dem Künstler die Arbeit sehr erleichtern muss. Denn so genau er sich auch den Platz vorstellt, auf welchem die Geschichte vorgeht, den Augenpunkt, aus welchem sie gesehen wird, die Seite, woher das Licht einfällt und den Stand einer jeden Figur; so ist es fast unmöglich, dass er bloß aus der Einbildungskraft, alles richtig beobachte.

 Anordnung in der dramatischen Handlung. Der Endzweck des Drama ist die Erweckung einer lebhaften Vorstellung des Guten und Bösen in den Sitten der Menschen, in den Begebenheiten der Welt und den verschiedenen Hauptständen. (S. Drama.) Das erste, was zur Vollkommenheit des Drama gehört, ist die glückliche Erfindung der Vorfälle, der Charakter, der Umstände, der Verwicklung und des Ausgangs der ganzen Handlung; hiernächst aber wird eine gute Anordnung aller dieser Dinge erfordert, nach welcher sie durch die Ordnung, wornach alles auf einander folgt, auf den Zuschauer die lebhafteste Wirkung tun.

 Diese erfolgt, wenn die Aufmerksamkeit von Anfang bis zum Ende lebhaft unterhalten wird; wenn die Hauptteile der Handlung in ihrem Zusammenhang wohl in die Einbildungskraft fallen; und wenn zuletzt das besondere sich in eine einzige Hauptvorstellung auflöst, wodurch die ganze Handlung ihr Ende erreicht.

Hieraus lassen sich ohne Mühe folgende Regeln der guten dramatischen Anordnung herleiten.

 Die ganze Handlung muss in wenige Hauptperioden eingeteilt werden, deren jede ihren wolbestimmten Charakter hat, damit der Zuschauer vermittelst dieser Perioden den ganzen Zusammenhang der Handlung vom Anfange bis zum Ende sich leicht vorstellen könne. Diese Perioden aber müssen so geordnet werden, dass durch die ersten der wahre Anfang der Handlung, ihre Wichtigkeit, die Schwierigkeiten und Verwicklungen der Fortsetzung derselben und die Notwendigkeit eines merkwürdigen Ausganges, in die Augen fallen und die Aufmerksamkeit des Zuschauers reizen.

 Es ist gewiss, dass ein Drama, das gleich von Anfang lebhafte und merkwürdige Vorstellungen erweckt, die uns gleich beim Eingang große Angelegenheiten, kühne Vorsätze, neue und ungemeine Unternehmungen, seltsame Charaktere versprechen oder bemerken lassen, uns in die beste Verfassung setzt; da hingegen, wenn der Anfang verworren oder schwach ist, wo wir lange zu warten haben, ehe wir merken, warum es zu tun ist, die Aufmerksamkeit ermüdet, ehe man zur Hauptsache kommt.

 Der erste Aufzug des Drama muss wie ein befruchtetes Saamenkorn, undeutliche, aber doch zu bemerkende Spuren der ganzen Handlung haben und uns in Erwartungen über den Verfolg und den Ausgang setzen. Denn jeder Gegenstand, den wir eine Zeitlang betrachten, ohne uns viel davon zu versprechen, erdrückt die Aufmerksamkeit, anstat sie zu erwecken.

 Die alten und neuen Schauspiele, welche die größte Wirkung getan haben, fangen auf die vorteilhafte Weise an, die wir hier beschreiben. Es ist ein Fehler, den die Neueren oft begehen, dass sie uns mit Nebensachen, mit ungewissen Vorstellungen, da man gar nicht absehen kann, wohin sie zielen, ermüden, ehe die Handlung ihren wahren Anfang nimmt. Die meisten englischen Lustspiele haben diesen Fehler an sich.

 Nachdem die Handlung auf die angezeigte Art ihren Anfang genommen; so müssen die folgenden Aufzüge, die dem letzten vorher gehen, die Fortsetzung und Verwicklung derselben enthalten, über deren Anordnung man keine bestimmte Form vorschreiben kann; weil eine Handlung auf unzählige Arten so durchgeführt werden kann, dass der Zuschauer in beständiger Aufmerksamkeit erhalten wird. Wir bemerken demnach hier nur dieses, dass der Dichter sorgfältig sein müsse, den Fortgang der Handlung nach gewissen Perioden zu ordnen. Beim Ende eines jeden Aufzuges muss man die Lage und Beschaffenheit der Sache deutlich sehen, um daraus seine Erwartungen für den folgenden zu bestimmen. Man muss also bei dem Ende einer jeden Periode den ganzen Zustand der Handlung, so weit sie gekommen ist und was ihr noch fehlt ganz bestimmt bemerken können. Denn ohne dieses gerät man notwendig in eine Verwirrung, welche die Aufmerksamkeit schwächet.

 Es streitet gegen die gute Anordnung, wenn man mehrere, der Haupthandlung untergeordnete Intrigen so in einander lauffen lässt, dass sie oft abgebrochen und nach einigen dazwischen gesetzten Auftritten, wieder vorgenommen werden. Dergleichen Unterbrechungen zerstreuen die Aufmerksamkeit zum großen Nachteil der Haupthandlung. Diese muss in einem fort gehen und die Aufhaltungen müssen nicht durch willkürlich eingeflochtene Vorfälle, sondern durch wesentliche Schwierigkeiten, welche aus der Hauptsache notwendig entstehen, verursacht werden. Es gibt Schauspieldichter, die sich eher nach den abenteuerlichen Einfällen des Amadis als nach der edlen Einfalt des Sophokles, bilden. Da in dem Drama notwendig alles in einander gedrungen sein muss, weil die Handlung kurz und merkwürdig ist; so können die Hauptteile der Anordnung, ohne großen Nachteil der Hauptsache, durch nichts zufälliges unterbrochen werden.

 Von einigen besonderen Kunstgriffen der Anordnung haben wir in den Artikeln, Einheit, Verwicklung, Kontrast, Aufhaltung, Verbindung und Wahrscheinlichkeit, verschiedenes angeführt, dahin wir den Leser verweisen. Nur diese allgemeine Anmerkung müssen wir hinzu setzen, dass die einfachsten Anordnungen, die jeder leicht übersehen kann, die besten scheinen. Künstliche Verwicklungen und mannigfaltige Aufhaltungen scheinen zwar ihre gute Wirkung zu tun: allein wenn man sie näher betrachtet, so findet man, dass sie nicht lange dauernde Eindrücke machen, so wie alle bloß mechanische Anstalten. Die wesentlichen Schönheiten des Schauspiels, die unauslöschliche Eindrücke machen, müssen in den Charakteren und Empfindungen der handelnden Personen liegen. Von diesen muss die Aufmerksamkeit niemals abgezogen, noch auf die mechanische Einrichtung geführt werden. Überhaupt sind alle künstlich ausgedachte Anordnungen schwache Hilfsmittel, wodurch Dichter ohne Genie, das wesentliche, das ihnen fehlt, ersetzen wollen.

Die Anordnung der Schaubühne überhaupt und jedes Auftritts insbesondere, in Absicht auf die Ausführung, verdient eine besondere Aufmerksamkeit. S.

Schaubühne, Auftritt. Die Anordnung der epischen Handlung scheint wenigern Schwierigkeiten unterworfen zu sein als man im Drama findet; weil die Handlung der Epopee mehr ausgedehnt ist. Dabei hat der epische Dichter den Vorteil, dass er die Lücken und Ruhestellen der Handlung mit Erzählungen ausfüllen kann, welche der dramatische Dichter nicht ohne große Behutsamkeit anbringen darf.

 Sonst muss die epische Handlung überhaupt nach denselben Grundsätzen angeordnet werden, die wir in dem vorhergehenden Artikel ausgeführt haben. Das Hauptsächlichste davon ist, dass die ganze Handlung in wohl bestimmte Perioden abgeteilt werde. Das Ende einer jeden Periode muss eine Ruhestelle sein, auf welcher man das Vorhergegangene deutlich übersehen und über das folgende seine Erwartungen entwerfen könne.

 Es dient viel zu einer lebhaften und deutlichen Vorstellung der ganzen Handlung, wenn sie in wenig Perioden eingeteilt ist, die so auf einander folgen, dass man am Ende einer jeden bestimmt sieht, wie weit die Handlung fortgerückt ist.

In Ansehung der Ordnung dieser Perioden geben einige Kunstrichter Regeln, die sehr übel verstanden werden könnten. So sagt Batteux,5 dass der epische Dichter die Ordnung des Geschichtschreibers umkehre und die Erzählung nahe am Ende der Handlung anfange. Man könnte dadurch auf den Wahn geraten, dass die größte Unordnung in der Folge der Begebenheiten, eine Schönheit wäre, die der epische Dichter suchen müsse.

 Indessen ist gewiss, dass keine Unordnung in einem schönen Werke statt hat. Der epische Dichter muss dem Geschichtschreiber in der Ordnung der Begebenheiten in so weit folgen als es mit der Lebhaftigkeit seines Vortrages bestehen kann. Es wäre seltsam, wenn er uns eine Begebenheit von hinten her erzählen wollte. Der Anfang der Handlung muss notwendig zuerst erzählt werden und die nächste Folge der angefangenen Handlung, die den Grund der folgenden Verwicklungen enthält, muss notwendig eher, als diese, vorgetragen werden.

 Aber insofern geht der epische Dichter von dem Geschichtschreiber ab als die Natur seines Vorhabens es erfordert. Dieser will uns vollständig von einer Begebenheit unterrichten und verfährt so als wenn uns die ganze Sache unbekannt wäre; jener aber stellt uns eine bekannte Sache in der Form vor, in welcher sie uns am kräftigsten rührt. Der Geschichtschreiber darf sich deswegen nicht scheuen, die entferntesten Veranlassungen und die Ursachen, die dem Ausbruch der Handlung vorher gegangen, umständlich zu erzählen. Dieses wäre für den Dichter ein zu matter Anfang. Er führt uns gleich zum Anfang der Handlung und erwähnt die uns schon bekannte Veranlassung oder Ursache, nur kurz, damit wir ohne Umschweife in die Hitze der Handlung herein kommen.

 So würde der Geschichtschreiber, der den Zug des Äneas nach Italien beschrieben hätte, bei der Zerstörung der Stadt Troja angefangen und seinem Helden vom Auszug aus der brennenden Stadt, in der genauesten Ordnung seiner Reise, gefolgt sein. Der Dichter aber musste ganz anders verfahren, ohne deswegen die Ordnung der Dinge umzukehren. Seine Absicht war, dem Leser die Niederlassung des Äneas in Italien, deren Veranlassung bekannt war, von der merkwürdigsten Seite vorzustellen. Er fängt deshalb die Handlung nicht von seinem Auszug aus Troja, sondern von da an, da die reisenden Helden das Land ihrer Bestimmung gleichsam schon im Gesichte hatten. Das vorhergehende gehört nicht zu seiner Handlung, ob er gleich im Verfolg viel davon erzählt. Wenn man daraus urteilen wollte, dass das, was der Abfahrt aus Sicilien vorher gegangen ist, notwendig zur Handlung der Äneis gehörte, weil es der Dichter nachgeholt hat, so müsste man aus eben dem Grunde auch sagen, dass die Geschichte des hölzernen Pferdes ein notwendiger Teil der Handlung wäre. Virgil fängt also sein Gedicht nicht mitten in der Handlung, sondern von Anfang derselben, an.

 Wir sehen auch nicht wohl, wie man von der Regel abweichen könnte, die wesentlichen Perioden der Handlung in der Ordnung vorzutragen, wie sie aus einander folgen. Denn je mehr Deutlichkeit und natürliche Verbindung in der Folge dieser Hauptperioden ist, je lebhafter wird das Ganze in die Vorstellungskraft fallen. Darin aber kann der Dichter von der Ordnung des Geschichtschreibers abgehen, dass er nur das wesentlichste in der besten Ordnung hinter einander stellt und gewisse Nebendinge, zum Schmuck des Ganzen, da anbringt, wo er die besten Ruhestellen der Haupthandlung findet, da wo die Lebhaftigkeit der Vorstellung eine Mässigung erfordert.

  Wir glauben uns nicht zu irren, wenn wir überhaupt von der Anordnung der epischen Handlung diese allgemeine Regel annehmen: Die wesentlichsten Teile derselben setze der Dichter in einer so natürlichen Ordnung hinter einander, dass die Vorstellungskraft den Faden derselben leicht finde und das Ganze mit einem Blick übersehen könne; die, der Haupthandlung untergeordneten, Begebenheiten, die bloß zu mehrerer Vollständigkeit derselben und zur Vermehrung der Mannigfaltigkeit gehören, suche er an solchen Orten einzuschalten, wo die Haupthandlung notwendig muss aufgehalten werden.

 Diese Anordnung der Episoden ist eine Hauptsorge des Dichters. Sie müssen nur da angebracht werden, wo die Handlung dadurch nicht aufgehalten wird. Es geschieht nämlich bisweilen, dass zwischen einer Periode der Handlung und der nächst folgenden etwas vorgeht, das der Dichter nicht beschreibt, entweder, weil es zu langweilig oder zu gemein wäre. Er will aber auch nicht gern gleich von einem zum anderen übergehn. In diese Stellen ordnet er die Episoden. So hat Homer die schöne Episode von der Helena, im III. Buch der Ilias, dahin gebracht, wo die Veranstaltung zu einem feierlichen Opfer, die der Dichter nicht hat beschreiben wollen, eine Lücke gelassen. Eben so hat er die Episode vom Diomedes und Glaucus in die Lücke gesetzt, die Hektors Hingang nach der Stadt verursacht hatte. Dass die besten epischen Dichter so verfahren sind, könnte durch viele Beispiele erwiesen werden, die wir übergehen, weil sie bekannt genug sind.

 Die Anordnung einer Rede bleibt uns nun noch zu betrachten übrig. Die Kunst der Anordnung besteht darin, sagt Batteux6 »dass man alle Stücke, die die Erfindung geliefert hat, nach der Beschaffenheit und zum Vorteil der Sache, die man abhandelt, in Ordnung stelle. Die Fruchtbarkeit des Geistes setzt er hinzu, pranget am meisten in der Erfindung; Klugheit und Urteilskraft in der Anordnung.«

 Der Endzweck einer Rede ist allemal, entweder unsere Vorstellungskraft oder unsere Neigungen, einer gewissen Absicht gemäß, zu lenken. Ihr Inhalt ist also allemal ein Gegenstand unserer Erkenntnis oder unserer Neigungen. Diesen Gegenstand muss uns der Redner so vorstellen, dass er natürlicher Weise hoffen kann, wir werden am Ende seiner Rede so davon denken oder so dagegen gesinnet sein, wie er selbst ist oder zu sein scheint. Dies ist die Hauptsumme der Kunst des Redners.

 Nun kommt allerdings sehr viel darauf an, dass der Redner das, was er zu sagen hat, in der besten Ordnung vortrage. In der unterrichtenden Rede muss die Ordnung den Hauptgegenstand deutlich und einleuchtend machen und in der rührenden Rede muss sie seine Wirkung auf unsere Neigungen vermehren.

 Wir wollen hier nichts von der Ordnung der Hauptteile der Rede sagen, nach welcher auf den Eingang die Abhandlung oder Ausführung der Sache und denn der Schluss der Rede folgt, davon haben wir anderswo gesprochen, (S. Rede.) und es kann ohne dem keinem nachdenkenden Redner entgehen. »Denn dass man eins und das andere von der Hauptsache voraus schicke, dass man darauf diese selbst vortrage; ferner, sie teils durch eigene Beweise, teils durch Widerlegung der Gegengründe gehörig ausführe: endlich auf eine geschickte und nachdrückliche Art beschließe, diese Ordnung lehrt die Natur selbst.«7 Der wichtigste und schwerste Teil der Anordnung einer Rede ist die Folge der Vorstellungen in dem Hauptteil, den man die Abhandlung der Rede nennt.

 Überhaupt muss die Anordnung einer Rede so natürlich und ungezwungen sein, dass jeder Zuhörer dabei denken muss, man könne sich die Sachen nicht wohl anders vorstellen. Jedes folgende muss so aus dem vorhergehenden entstehen, dass keinem Zuhörer einfallen kann, es könnte die Reihe der Vorstellungen anders sein. So bald man irgend wo einen Zwang oder etwas gesuchtes in der Folge der Sätze wahrnimmt; so wird man zerstreut und denkt, die Sache hätte sich auf eine gewisse andere Art entwickeln sollen. Eine für den Lehrer höchst schädliche Wirkung in seinem Zuhörer.

Diese vollkommen freie und notwendig scheinende Folge der Vorstellungen kann der Redner unmöglich anders erreichen als wenn er seine Materie sehr oft durch gedacht und von allen Seiten betrachtet hat. Es muss ihm alles mögliche, was dabei kann gesagt werden, vor Augen liegen; dann wählt er in Absicht auf die Ordnung das beste. Er macht verschiedene Entwürfe oder Skitzen, die nur das Gerippe der Rede auf verschiedene Weise angeordnet enthalten und wenn er sie alle genugsam betrachtet, so kann er erst dann wählen.

 Es gibt aber zwei einander entgegen gesetzte Arten der Anordnung, die man die Analytische und die Synthetische nennen kann. Diese setzt gleich im Anfang der Abhandlung oder dem Vortrag die Hauptvorstellung, worauf der ganze Zweck der Rede geht, voraus und bestätiget sie durch die Abhandlung so, dass sie am Ende in den Gemütern der Zuhörer die nötige Gewissheit und Lebhaftigkeit behält. Jene oder die analytische Art, kehrt diese Ordnung um. Sie stellt die Teile des Ganzen erst vor und vereinigt sie am Ende in eine, seiner Absicht gemäße, Hauptvorstellung. Jede Art hat ihre Vorteile. Die erste greift uns offenbar an; wir sehen, wohin man uns führen will und in jeder Periode der Rede, wie weit man uns geführt hat: die andere geht verdeckt; wir wissen nicht, wohin man mit uns will. Wir können nicht sehen, was man über uns gewonnen hat, bis wir ans Ende kommen, da alles vorhergehende auf einmal in einen einzigen Angriff gesammelt wird und seine Wirkung auf einmal tut.

 Man muss es dem Urteil des Redners überlassen, welche von diesen Arten der Anordnung er in jedem besonderen Fall zu wählen habe. So viel scheint allemal sicher zu sein, dass in beratschlagenden Reden, wo die Zuhörer mit starken Vorurteilen gegen einen Entschluß, den der Redner durchtreiben will, eingenommen sind, die analytische Methode die beste sei.

  In beiden Fällen aber besteht die ganze Abhandlung der Rede aus einigen Hauptvorstellungen, deren jede insbesonder gut ausgeführt werden muss. Von diesen muss man die zuerst stellen, die am unmittelbarsten aus dem Vortrag der Hauptsache fließt, damit der Zuhörer merke, dass man gerade zu mit ihm verfährt und ihn nicht hintergehen will.

 Über die Anordnung der Beweise haben wir in einem besonderen Artikel das nötige angemerkt und in einem anderen ist von der besten Anbringung der Widerlegung gesprochen worden.

 

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1 Plutarch. In der Abhandlung, ob die Athener im Krieg oder in den Künsten größer wesen.

2 Les plus excellens batimens de France, par Jac. And. du Cerceau Architecte à Paris 1607. 2 Vol. fol.

3 S. (Mengs) Gedanken über die Schönheit und über den Geschmack in der Malerei. S. 61. 62. Dieses kleine, aber höchst wichtige Werk, ist jedem Maler bestens zu empfehlen. Es enthält mehr Gutes als viel große Werke über die zeichnenden Künste.

4 S. Maßen.

5 S. Einleitung in die schönen Wissenschaften I I. Teil, I. Abschn. p. 118 nach der ersten Ausgabe der Ramlerischen Übersetzung.

6 Einleit. in die schönen Wissenschaften IV Th. S. 52 nach der Ramlerischen Übersetzung.

7 Cicero in dem III. Gespräch von dem Redner § 307 der Heinzischen Übersetzung.

 


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