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Wippchenlose Sprache

Ich kenne überhaupt nur zwei Fälle, in denen Sätze ausgesprochen werden können, ohne dass für eine radikale Untersuchung Wippchen unter den Worten verborgen wären.

Der eine Fall ereignet sich regelmäßig beim Gebrauche der angewandten Mathematik. Es haben nämlich die Zeichen der Algebra niemals eigentliche sprachliche Vorstellbarkeit. Die algebraische Rechnung kann ohne Störung bis ans Ende geführt werden; in den mathematischen Zeichen ist nichts, was eine unmögliche Mischung verriete.

Der zweite Fall ist dann vorhanden, wenn es sich gar nicht um eine Sprache handelt, sondern um ein papageienhaftes Lautieren. Ich denke dabei an den lateinischen Aufsatz, wie er als letzter Niederschlag des alten lateinischen Gymnasiums gegenwärtig in vielen Schulen noch verlangt und geleistet wird. Als die lateinische Sprache noch halb tot war, also halb lebendig, da brachten noch die Lateinschüler ihre erlernten Worte als wippchenarme Fremdworte der Muttersprache zu. Jetzt ist der lateinische Aufsatz absolut rein von Wippchen; in ihm ist eine Bildervermischung gar nicht mehr möglich, weil er ohne jede Vorstellung, ohne jedes Bild verfaßt worden, weil er gar keine Sprache mehr ist.