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Offiziöse Sprache

Nirgends verrät sich diese wilde Bildervermischung des Sprachgebrauchs der Beobachtung so sehr, wie in der offiziösen Sprache unserer Zeitungen und Parlamente. Wer sein Ohr geschärft hat für diese unfreiwilligen Wippchen, der kann bald die Reden der beliebtesten Deputierten und die Leitartikel unserer Publizisten nicht mehr ohne Heiterkeit lesen. Whitney hat das wohl im Auge gehabt, als er einmal auf die bekannte Erscheinung hinwies, dass die Grundbedeutungen der Worte verflachen. Er gibt ein alltägliches Beispiel und meint, das böte eine geschmacklose Vermengung ganz verschiedener Bilder, wenn wir uns der etymologischen Grundbedeutung bewußt wären (Sprachwissenschaft S. 179): "Ich stelle den Antrag, zur Diskussion eines wichtigen Gegenstandes überzugehen." Es sei zugestanden, dass die Wippchen, welche in den Redensarten "einen Antrag stellen", "zu einer Diskussion" (das heißt einem Durcheinanderschütteln) übergehen, "ein wichtiger Gegenstand" (das heißt eine gewichtige Gegenüberstellung) verborgen sind und welche in den Begriffen "stellen, tragen und gehen" schon leise mit der Narrenschelle läuten, nur für den Kenner der Wortgeschichte deutlich sind. Aber auch der gegenwärtige Sinn aller dieser Worte enthält für das bessere Sprachgefühl noch so viel von dem historischen Gehalt, dass solche alltägliche Sätze der offiziösen Sprache für dieses Sprachgefühl immer ein feierlicher Bildermischmasch bleiben.