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Aristoteles

Der Begriff Metapher, wie er in unseren Schulen erklärt wird, geht in Wort und Bedeutung auf Aristoteles zurück. So gilt seit zweitausend Jahren die Metapher für die (bewußte) Übertragung einer Benennung, die eigentlich etwas anderes bedeutet, sei es die Übertragung vom weiteren Begriff auf den engeren, oder vom engeren Begriff auf den weiteren. Die Absicht dieser Definition ist, die poetische Bildersprache logisch zu erklären. Diese Absicht und darum die Beschränkung auf die künstliche Metapher ergibt sich deutlich aus der Art, wie Aristoteles jede Metapher in eine vollständige oder unvollständige mathematische Proportion aufzulösen sucht. Es verhalte sich z. B. die Trinkschale des Dionysos zu diesem Gotte wie der Schild zum Gotte Ares; man könne darum ganz mechanisch die Glieder der Proportion miteinander vertauschen und geistreich sagen, die Trinkschale sei der Schild des Dionysos (was immerhin nicht ohne Witz wäre, füge ich hinzu), oder der Schild sei die Trinkschale des Ares (was schon recht abgeschmackt wäre). Ein anderes Beispiel: "Alter: Menschenleben = Abend: Tag"; danach kann man sagen, das Alter ist der Abend des Lebens, oder der Abend ist das Alter des Tages. Der Reiz dieser poetischen Ausdrucksweise (die übrigens im Zeitalter Shakespeares, besonders als Marinismus, als Gongorismus, als Euphuismus oder als "estilo culto" in England, Italien und Spanien übel gewütet hat, selbst in den Schriften der Meister, und der heute wieder als l'art pour l'art gefährlich wird) beruht natürlich in dem Fortlassen, in dem Erratenlassen eines der vier Glieder der Proportion. Wo die Vergleichung noch leichter zu erraten ist, da werden gleich zwei Glieder fortgelassen; Aristoteles gibt das Beispiel vom Ausstreuen (nach dem Bilde des Sämanns) der Sonnenstrahlen.