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Neue Fragestellung

Ernsthaftere Forscher geben sich denn auch mit solchen Phantasien — in Wahrheit der Erfindung eines Perpetuum mobile — nicht mehr ab. Sie schreiben zwar noch ganz lehrsam gegen die Annahme, Gott selbst habe die Sprache erfunden und den Menschen geschenkt, oder er habe ihnen wenigstens die Wurzeln geschenkt1; aber sie wissen oder ahnen doch, dass sie die Frage nach dem Ursprung der Sprache ehrlicherweise nur noch ganz abstrakt behandeln können. Nicht mehr: "Wie lautete die Ursprache der Menschen?" ist die Aufgabe, sondern: "Welche Kräfte waren oder welche alleinige Kraft war wirksam, als die Menschen sich zuerst die Sprache erschufen?" Und diese Frage stellt man nur deshalb so halbwegs vernünftig, weil der Sprachgebrauch zufällig unterlassen hat, eine besondere "Sprachkraft" in sein Wörterbuch aufzunehmen. Der Umstand, dass die Atmungswerkzeuge zugleich als Sprachwerkzeuge fungieren, mag da zu Hilfe gekommen sein. Wo das Werkzeug so handgreiflich ist, da sucht der Verstand nicht so sehr nach einer geheimnisvollen "Kraft". Besäßen wir die Vorstellung von einem Werkzeug des Lebens, wir hätten kaum den Begriff "Lebenskraft" aufgebracht. Für die Sprache schien es lange Zeit sehr einfach, da das Werkzeug bekannt war, den menschlichen Geist als die unsichtbare Kraft vorauszusetzen, die das Werkzeug bewegte. Nur dass wir nicht wissen, was Geist, was Kraft und was Sprache ist.

Bei der Entstehung der Sprache jedoch handelte es sich — wie gesagt — nicht um den Gebrauch des Werkzeugs für die erlernte Sprache, sondern um die Erfindung des Gebrauchs zusammen mit der Erzeugung des Werkzeugs respektive um die Einübung des Atmungs- und Eßwerkzeugs auf die Sprache. Da blieb freilich nichts übrig, als zu "Kräften" seine Zuflucht zu nehmen.


  1. Selbst Whitney kämpft noch gegen diese Annahme mit dem freilich ganz hübschen Scherze, ein kleines Mädchen habe einmal gesagt: "So groß (wie ein kleines Püppchen) hat mich Gott geschaffen; so groß (sie zeigt ihre übrige Länge) bin ich selbst gewachsen."