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"sta"

Eines der Urworte ist vielleicht der Stamm sta. Die psychologischen Etymologen erklären sehr schön, wie der Urmensch zum Wort und Begriff stehen gekommen sei. Sein Freund wollte an ihm vorüberlaufen, vielleicht mit seiner Frau oder mit seinem Brot oder vielleicht auch nur ohne die neueste Neuigkeit der Höhle erzählt zu haben. Da streckte der Urmensch die Hand nach ihm aus und erfand nach der inneren Sprachform den Euf st. Wir sagen heute pst nach derselben inneren Sprachform oder Halt oder auch ein andres Wort, und der Kerl bleibt doch stehen. Immerhin: aus dem sta hat sich das Verbum stehen "entwickelt". Ein paar Beispiele aber werden zeigen, wie vollkommen zufällig die innere Sprachform sich weiter entwickelt hat. Unser Wörterbuch kennt ein Wort Stabat für ein bestimmtes Kirchenlied, welches mit dem lateinischen Worte stabat, sie stand, anfängt. Wir sagen auch Stehbierhalle. Beidemal ist der alte Stamm unverändert erhalten. Nun hat aber das Französische das scheinbar unumgänglich nötige Wort so vollkommen verloren, dass es gar keinen Ausdruck für "stehen" hat. Dagegen hat es später auf dem Umweg übers tote Latein das Wort Station erhalten, außerdem die Worte "statisch, Statue, Statut" usw. Alle diese Worte sind ja in ähnlicher Bedeutung auch deutsch. Wir wollen uns nur an "Station" halten. Es kann bedeuten: die aufrechte Haltung, den Rastort, die Eisenbahnstation, den Droschkenhalteplatz, den trigonometrischen Ort, die Grenzwache, den Stillstand eines Sternes, den Meeresstrich, in dem ein Schiff kreuzen soll, die Abteilung in einer Klinik, ferner eine der Kapellen an einem Wallfahrtsort und das Gebet bei einer dieser Kapellen. Dem Franzosen ist also das Stammwort mit seinen natürlichen Ableitungen verloren gegangen, dagegen besitzt er ein abgeleitetes Fremdwort in zwanzig verschiedenen Bedeutungen. Wenn er es aber in einer dieser Bedeutungen gebraucht, so weiß der Hörer immer, was gemeint ist, weil die Mitteilung zwischen den Menschen nur zum unwesentlichen Teil auf der Sprache beruht, weit mehr aber darauf, dass die Menschen überflüssig beschwatzen, was sie ohnehin wissen oder einander mit dem Finger weisen könnten.