Takt

Takt. (Musik) Es ist sehr leicht zu fühlen, aber desto schwerer deutlich zu erkennen, dass ohne Takt oder genaue Einteilung der auf einander folgenden Töne in gleiche Schritte, kein Gesang möglich sei. Wir müssen, um das Wesen und die Wirkung des Taktes zu entdecken, notwendig auf den Ursprung der Musik und des Gesangs besonders zurück sehen. Die Musik gründet sich auf die Möglichkeit, eine Reihe an sich gleichgültiger Töne, deren keiner für sich etwas ausdrückt, zu einer leidenschaftlichen Sprache zu machen. Da vorausgesetzt wird, dass kein Ton für sich etwas ausdrücke, welches in der Tat der Fall jedes von einer Saite klingenden Tones ist; so muss notwendig das Bedeutende oder der Ausdruck solcher Töne, von der Art, wie sie auf einander folgen, herkommen. Man kann aus einer kleinen Anzahl von sechs oder acht Tönen, schon eine große Mannigfaltigkeit von melodischen Sätzen herausbringen, deren jeder etwas eignes empfinden lässt, wie an folgenden Beispielen, die jeder noch vielfältig verändern und abwechseln kann, zu sehen ist: Aus dergleichen einzeln Sätzen, deren jeder von dem anderen in Takt und Bewegung verschieden wäre, könnte man allenfalls ein Tonstück zusammen setzen, das einige Ähnlichkeit mit der Rede hätte. Jeder melodischer Satz könnte einen Satz der Rede vorstellen, der man wenigstens so viel Bedeutung geben könnte, dass zu merken wäre, wenn ein Satz eine ruhige oder unruhige, eine vergnügte oder verdrießliche, eine lebhafte oder matte Gemütsfassung, ausdrückte. Ein guter Tonsetzer könnte durch eine Folge solcher Sätze lange Zeit so phantasieren, dass man ihm mit Vergnügen zuhören und sich dabei vorstellen würde, man hörte Menschen mit einander sprechen, deren Sprache zwar unbekannt, aber nicht ganz unverständlich wäre; weil doch zu merken sein würde, wenn sie sich erhizen oder ruhiger werden; wenn sie sich vergnügt, fröhlich, zärtlich oder ungestühm ausdrücken. Allein dieses wäre nun kein Gesang. Zu diesem wird notwendig Einheit oder vielmehr anhaltende Gleichartigkeit der Empfindung erfordert1). Wodurch soll nun diese erhalten werden? Notwendig durch Gleichförmigkeit der Bewegung in dem Fortschreiten der Töne. Es scheint zwar, dass man auch ohne diese Gleichförmigkeit eine lange Folge von Sätzen spielen könnte, die einerlei Empfindung, z.B. Fröhlichkeit, ausdrückten: man wird aber bald finden, dass dieses Gefühl der Fröhlichkeit, in jedem Satz doch einen veränderten Charakter annehmen, folglich die Empfindung nicht so gleichartig bleiben würde, wie das Anhalten derselben, das die wahre Absicht des Gesangs ist, es erfordert. Dazu gehört notwendig eine rhythmische Fortschreitung, wie wir in dem Artikel über den Rhythmus deutlich gezeigt haben. Nun hat keine rhythmische Fortschreitung statt als durch gleiche Schritte. Zum Gesange wird also notwendig eine solche Folge von Tönen erfordert, die sich in gleichlange Glieder einteile, damit das Gehör die Einförmigkeit der Bewegung und durch diese das Gleichartige der Empfindung fühle. Diese gleichlangen Glieder aber müssen auch gleichförmig zusammengesetzt sein. Denn ohne diese Gleichförmigkeit würde das Gleichartige der Empfindung sich verlieren. Zwei Schritte könnten gleichlang sein und sehr ungleichartig oder von sehr verschiedenem Charakter. Wenn gleich folgende zwei Glieder: in gleicher Zeit gespielt würden, folglich gleichlange wären, so hätten sie doch die Gleichförmigkeit nicht, die zu der rhythmischen Forschreitung erfordert wird; weil der eine Schritt aus drei (oder wenn man will aus sechs) der andere aus vier Rückungen bestünde, welches im Gehör sogleich eine Verwirrung verursachen würde, die das zur Empfindung des Rhythmus notwendige Zählen der einzeln Rückungen oder kleinen Zeiten, woraus ein Schritt besteht, unmöglich machte. Dazu ist die Gleichheit der Zeiten eines Schrittes notwendig.

Diese gleichlangen und gleichförmigen Glieder nun machen das aus, was man den Takt in der Musik nennt. Sein Wesen besteht also darin, dass er das Gehör reizt, in der Folge der Töne einzelne Fortrückungen von bestimmter Art zu entdecken, von denen allemal eine gewisse bestimmte Zahl ein einfaches Glied des Rhythmus oder einen Schritt, den man auch Takt nennt, ausmacht. Der Takt hat, wie wir schon anderswo gezeigt haben,2) schon statt, wo noch keine Verschiedenheit der höheren und tieferen oder der geschwindern und langsamern Töne vorkommt; notwendig aber werden dazu die Akzente; weil ohne sie das Gehör keine Veranlassung hätte, die Folge von Tönen in gleiche und gleichartige Glieder einzuteilen. Wenn wir also eine Reihe gleich hoher und gleich anhaltender Töne setzen als u.s.w. so muss notwendig, wenn das Gehör einen Takt und Rhythmus darin empfinden soll, diese Reihe durch Akzente in gleiche und gleichartige Glieder eingeteilt werden, als: oder so: u.s.w. Im ersten Fall entstehen Glieder von drei gleichen Zeiten oder Fortrückungen, davon immer die erste sich durch den Akzent von den zwei anderen unterscheidet; der andere Fall teilt die Folge der Töne in Glieder von vier gleichen Zeiten, davon die erste und dritte durch Akzente von den anderen unterschieden sind, jene durch einen stärkern, diese durch einen schwächern. Dadurch wird also das Gehör in einem beständig und gleichförmig fortgehenden Zählen unterhalten, wodurch auch das Gleichartige der Empfindung hervorgebracht wird, wie in dem Artikel über den Rhythmus deutlich gezeigt worden.

Man begreift sehr leichte, dass die Einteilung der Töne in gleiche und gleichartige Glieder auf mancherlei Weise geschehen könne, deren jede, besonders, wenn noch die geschwindere oder langsamere Bewegung hinzukommt, ihren eigenen Charakter annimmt. Daraus entstehen denn also die verschiedenen Gattungen und Arten des Taktes, die wir nun näher zu betrachten haben.

Man weiß aus der Erfahrung, dass auch die größten Tonsetzer sich gar viel verschiedener Taktarten bedienen. Gleichwohl da eigentlich nur zwei Arten, nämlich der gerade und der ungerade Takt wirklich verschieden sein, so scheint es, dass die Takte von zwei, vier, sechs, acht etc. Zeiten die gerade und die von drei, fünf, sieben, neun etc. Zeiten die ungerade Taktart ausmachen und dass es übrigens keiner weiteren Einteilung in Nebenarten bedürfe. Dieses würde allerdings seine Richtigkeit haben, wenn man eine gerade Anzahl von mehr als vier gleichen Zeiten zusammensetzen und zählen könnte, ohne sich eine Unterabteilung zu denken, wodurch die Anzahl derselben in Glieder oder mehrere Takte eingeteilt wird. Man darf, um sich hiervon zu überzeugen, nur sechs gleiche Zeiten einigemal wiederholen und man wird bald bemerken, dass man entweder oder: nämlich Schritte von zween oder drei Zeiten daraus mache, die wie Hauptzeiten anzusehen sind, denen die übrigen untergeordnet sind. Diese Hauptzeiten bestimmen den Takt und die gerade oder ungerade Taktart; daher gehört die erste Einteilung der sechs Zeiten in die ungerade Taktart von drei, die zweite hingegen in die gerade von zwei Hauptzeiten. Wollte man gar so zählen, dass zwei und zwei oder drei und drei gleich stark im Zählen marquiret würden, wie hier: oder: so würde man in dem ersten Fall drei Takte von zween und in dem letzten Falle zwei Takte von drei Zeiten erhalten. Daher kann die gerade Taktart nur aus zween, höchstens aus vier gleichen Zeiten bestehen. Die ungerade Taktart kann niemals weder mehr noch weniger als drei Zeiten in sich enthalten, weil jede höhere ungerade Anzahl von gleichen Hauptzeiten ermüdend, unfaßlich und daher in der Musik nicht angenommen ist;3) eben so wenig ist ein ungerader Takt von Einer Zeit möglich, weil er allezeit aus mehreren Zeiten zusammengesetzt ist. Man versuche eine Folge von langen einsilbigen Worten, die einzigen, die die Notwendigkeit eines solchen Taktes erweisen könnten, wie z.B. Kraft, Macht, Ruhm, Lob, Ehr, Preis, in gleichem Abstand von einander auszusprechen, so wird man zwischen jedem Wort eine kleine Ruhe oder Pause bemerken, die die zweite Hälfte des Abstandes von einem Wort zum anderen einnimmt, wie hier: Dieses wird noch deutlicher, wenn man zwischen zweien dieser Worte das kurze Bindungswort: und, setzt; dann nimmt das vorhergehende Wort mit diesem und gerade so viel Zeit ein als jedes andere Wort allein, wie hier: Alle ungerade Taktarten werden deswegen Tripeltakte genannt, weil sie nur aus drei Zeiten zusammengesetzt sind und keine andere Zusammensetzung von ungeraden Zeiten ohne Zwang statt finden kann.

Um nun alle Takte jeder Art bei einander zu haben, wäre ein Takt von zween, ein anderer von vier Zeiten zur geraden und ein dritter von drei Zeiten zur ungeraden Taktart hinlänglich: eine deutliche und genaue Bezeichnung der Bewegung, die dem Stück vorgesetzt würde, würde die Geschwindigkeit oder Langsamkeit bestimmen, in welcher das Stück vorgetragen werden sollte. Mehr, sollte man glauben, würde zu keinem Stück in Ansehung des Takts und der Bewegung erfordert. Aber zu geschweigen, dass die Bewegung unendlicher Grade des Geschwinderen und Langsameren fähig ist, die unmöglich durch Worte oder andere Zeichen zu bezeichnen wären, so würden in solchem Falle notwendig eben so viel Zeichen oder Worte erfordert, die den Vortrag des Stücks bezeichneten, ob es nämlich schwer und stark oder leichter und mezzo forte oder ganz leicht und gleichsam spielend vorgetragen werden solle. Denn hiervon hängt der ganze Charakter desselben ab. Es ist ein himmelweiter Unterschied, den Jedermann bemerken muss, ob ein Stück, ohne Rücksicht des Zeitmaßes, auf der Violine mit der ganzen Schweere des Bogens oder leicht und nur mit der Spize desselben vorgetragen werde. Hier ist von keinem künstlichen, sondern von dem, in dem Charakter jedes Stücks selbst, gegründeten Vortrag die Rede, ohne den die Musik ein steifes und langweiliges Einerlei sein würde und der daher erkannt werden muss, wenn er getroffen werden soll. Nun ist es jedem erfahrnen Tonkünstler zur Gewohnheit geworden, lange Noten als Vier- oder Zweiviertelnoten, schwer und stark und kurze Noten als Achtel und Sechzehntel, leicht und nicht so stark anzugeben. Er wird daher ein Stück, wo er höchstens nur wenige Achtel als die geschwindesten Noten, ansichtig wird, schwer und ein anderes, wo Viertel die längsten Noten sind, obgleich beide Stücke im geraden oder ungeraden Takt gesetzt wären und dieselbe Bewegung hätten, leichter und nach Maßgabe der in dem Stück herrschenden ganz langen oder ganz kurzen Noten ganz schwer oder ganz leicht vortragen. Desgleichen hat er sich durch die Erfahrung ein gewisses Zeitmaß von der natürlichen Länge und Kürze der Notengattungen erworben; er wird daher ein Stück, das gar keine Bezeichnung der Bewegung hat oder, welches einerlei ist, mit Tempo giusto bezeichnet ist, nachdem es aus längeren oder kürzeren Notengattungen besteht, eine langsamere oder geschwindere, aber richtige Bewegung und zugleich die rechte Schweere oder Leichtigkeit im Vortrag geben und wissen, wie viel er der natürlichen Länge und Kürze der Noten an Langsamkeit oder Geschwindigkeit zuzugeben oder abzunehmen habe, wenn das Stück mit adagio, andante oder allegro etc. bezeichnet ist. Hieraus werden die Vorteile der Unterabteilungen der geraden und ungeraden Taktart in verschiedene Takte von längeren oder kürzeren Noten der Hauptzeiten begreiflich: denn dadurch erhält jeder Takt seine ihm eigene Bewegung, sein ihm eigenes Gewicht im Vortrag, folglich auch seinen ihm eigenen Charakter. Soll nun ein Stück einen leichten Vortrag, zugleich aber eine langsame Bewegung haben, so wird der Tonsetzer nach Beschaffenheit des leichten oder leichteren Vortrages einen Takt von kurzen oder kürzeren Zeiten dazu wählen und sich der Worte: andante oder largo oder adagio etc. nachdem die Langsamkeit des Stücks die natürliche Bewegung des Taktes übertreffen soll, bedienen; und umgekehrt: soll ein Stück schwer vorgetragen werden und zugleich eine geschwinde Bewegung haben, so wird er einen nach Beschaffenheit des Vortrags schweren Takt wählen und ihn mit vivace, allegro oder presto etc. bezeichnen. Übersieht ein erfahrner Ausführer nun die Notengattungen eines solchen Stücks, so ist er im Stande, den Vortrag und die Bewegung desselben genau mit den Gedanken des Tonsetzers übereinstimmend zu treffen; wenigstens so genau als es durch keine andere Zeichen, durch keine Worte und wenn sie noch so deutlich wären, angedeutet werden könnte.

Es war nötig, dieses vorausgehen zu lassen, um die Notwendigkeit der verschiedenen Unterarten der geraden und ungeraden Taktart aus ihrem Einfluss auf den Vortrag und die Bewegung zu erweisen. Die wenigsten Tonsetzer wissen die Ursache anzugeben, warum sie vielmehr diesen als jenen geraden oder ungeraden Takt zu einem Stücke wählen, ob sie gleich fühlen, dass der, den sie gewählt haben, nur der einzige rechte sei: andere, die mit Roußeau die Vielheiten der Takte für bloß willkürliche Erfindungen halten und darüber ungehalten sind,4) haben entweder kein Gefühl von dem besonderen Vortrag eines jeden Taktes oder verläugnen es und laufen daher Gefahr, Sachen zu setzen, die, weil sie nicht in dem rechten, dem Charakter des Stücks angemessenen Takte gesetzt sind, ganz anders vorgetragen werden als sie gedacht worden. Woher könnten doch wohl Tonkünstler von Erfahrung bei Anhörung eines Stücks, ohne Rücksicht auf die gerade oder ungerade Taktart, jederzeit genau wissen, in welchem Takt es gesetzt worden, wenn nicht jeder Takt etwas ihm Eigentümliches hätte?

Doch nun ist es Zeit, auf die nähere Betrachtung der Takte selbst zu kommen. Wir wollen mit der Anzeige der verschiedenen geraden Takte und zwar erstlich mit denen von zwei Zeiten, den Anfang machen. Diese sind:

1) Der Zweizweitel- oder der sogenannte Allabrevetakt., dessen Zeiten aus zwei Zweiviertelnoten bestehen und der durch dieses dem Stücke vorgesetztes Zeichen dem man noch das Wort Allabreve überzusetzen pflegt, angedeutet wird. Er wird schwer, aber noch einmal so geschwind als seine Notengattungen anzeigen, vorgetragen und ist daher zum ernsthaften und feurigen Ausdruck, vornehmlich zu Fugen vorzüglich geschickt und verträgt in diesen ihm eigentümlichen Styl und Bewegung keine geschwindere Notengattungen als Achtel. Wir haben aber von diesem Takt in einem besonderen Artikel gesprochen5). Wenn Tonsetzer aus Bequemlichkeit und um die vielen Taktstriche zu vermeiden, bald zwei, bald drei, bald mehrere Takte zwischen zween Taktstrichen zusammen fassen, so wird sein Wesen dadurch nicht verändert, sondern der Druck, der die erste Taktnote jeder Taktart marquirt, geschieht allezeit von zwei zu zwei halben Takt- oder Zweiviertelnoten und bestimmt sowohl den Niederschlag des Taktschlagens, der allezeit auf die erste Taktnote fällt als auch die Geltung der Taktpausen, die in solchen Fällen immer die gewöhnliche bleibt.

2) Der Zweivierteltakt, 2/4. Er hat, wenn keine besondere Bewegung angedeutet ist, die Bewegung des vorhergehenden Taktes, wird aber weit leichter vorgetragen, und verträgt von den Zweivierteln bis zu den Sechszehnteilen und einigen wenigen auf einander folgenden Zwei und Dreißigteilen alle Notengattungen. Er schickt sich zu allen leichteren und angenehmen Gemütsbewegungen, die nach Beschaffenheit des Ausdrucks durch andante oder adagio etc. gemildert oder durch vivace oder allegro etc. noch lebhafter gemacht werden können. Auf diese Beiwörter und die Notengattungen kommt es bei jeder besonderen Bewegung dieser und aller anderen Taktarten an. Ist das Stück im Zweivierteltakt mit allegro bezeichnet und enthält nur wenige oder gar keine Sechszehnteile, so ist die Taktbewegung geschwinder als wenn es damit angefüllt ist; eben so verhält es sich mit den langsameren Bewegungen.

3) Der Zweiachteltakt, 2/8. Dieser Takt würde den leichtesten Vortrag haben und nur zu dem lebhaftesten Ausdruck in lustigen Tanzmelodien schicklich sein; denn dass jeder gute Violinist folgende Melodie: weit leichter vortragen würde als wenn sie im Zweivierteltakt mit Vierteln geschrieben wäre, ist unstreitig; er ist aber nicht im Gebrauch.

Jeder dieser angezeigten Takte besteht aus zwei Zeiten oder Taktteilen. Nun ist bekannt, dass jede Zeit eben so leicht in drei als in zwei, aber nicht in fünf oder sieben Teile eingeteilt werden kann. Daher entstehen neben diesen noch folgende Taktarten von zwei Zeiten, deren jede in drei Teile eingeteilt ist und die durch die gleichsam hüpfende Eigenschaft der Fortschreitung von eins zwei drei, vier fünf sechs oder überhaupt lebhafter an Bewegung und Ausdruck sind als die vorhergehenden. Diese sind:

1) Der Sechsvierteltakt, 6/4. Schweer im Vortrag, wie der Allabrevetakt, mit dem er auch wegen seines ernsten obgleich lebhaften Ganges, das Kirchenmäßige gemein hat. Er besteht aus langen Notengattungen, von denen die Achtel die geschwindesten sind. Auf jedem Taktteile werden drei Viertel gerechnet.

2) Der Sechsachteltakt, 6/8. Leicht und angenehm, im Vortrag und Bewegung, wie der 2/4. Sechszehnteile sind seine geschwindesten Noten. Und

3) Der Sechssechzehnteltakt, 6/16 der den allerleichtesten Vortrag und Bewegung hat und selten geschwindere Noten, als Sechszehnteile verträgt. Joh. Seb. Bach und Couperin, die unstreitig den richtigsten Vortrag in ihrer Gewalt gehabt und nicht ohne Ursache Fugen und andere Stücke in diesem und anderen heut zu Tage ungewöhnlichen Takten gesetzt haben, bekräftigen es dadurch, dass jeder Takt seinen eignen Vortrag und seine eigene natürliche Bewegung habe, dass es folglich gar nicht gleichgültig sei, in welchem Takt ein Stück geschrieben und vorgetragen werde.

Die Taktarten von vier Zeiten sind folgende:

1) Der große Viervierteltakt , dessen Zeiten aus vier Viertelnoten bestehen und der entweder durch oder besser durch 4/4, um ihn von dem folgenden zu unterscheiden, angezeigt wird. Seine geschwindeste Noten sind Achtel, die sowohl als die Viertel und die übrigen längern Noten auf der Violine mit der ganzen Schweere des Bogens ohne die geringste Schattierung von Piano und Forte, außer dem vorzüglichen Druck auf jeder ersten Taktnote, der in allen Taktarten notwendig ist, vorgetragen werden. Er ist daher wegen seines ernsthaften und pathetischen Ganges nur zu Kirchenstücken und vornemlich in vielstimmigen Chören und Fugen zum prächtigen und majestätischen Ausdruck geschickt; man bezeichnet ihn allgemein noch mit dem Worte Grave, anzudeuten, dass man ihn im Vortrag und in der Bewegung nicht mit dem Allabreve oder mit dem folgenden Viervierteltakt, verwechseln soll. Einige bedienen sich statt dieses Taktes eines Vierzweiteltakts große4/2, so wie statt des Allabreve eines Zweieinteltakts 2/1, wo der schwere Vortrag durch die, noch einmal so langen Noten, noch deutlicher bezeichnet wird. Allein das Unnatürliche dieser Taktarten, wo zwei ganze Taktnoten nur einen Takt ausmachen, bewirkt vornemlich in den Pausen, da dieselbe Pause z.B. bald den halben, bald den vierten Teil des Takts vorstellen muss, eine solche Unordnung, dass jene Schreibart diesen vorzuziehen und auch mehr im Gebrauch ist.

2) Der kleine Vierviertel- oder der gemeine gerade Takt. Er wird durchgängig mit bezeichnet und unterscheidet sich von dem vorhergehenden Takte durch den leichteren Vortrag und durch die, gerade noch einmal so geschwinde, Bewegung. Viertel sind seine Hauptnoten, die im Vortrag außer dem vorzüglichen Druck der ersten Taktnote wie in dem großen Viervierteltakt gleich marquirt werden, nämlich also: c nicht wie hier: welcher Vortrag nur eigentlich dem zusammengesetzten Viervierteltakt, welcher danach angezeigt wird, zukommt. Doch wird er, zumal in langsameren Stücken, im Vortrag oft mit dem zusammengesetzten verwechselt und in zwei Teile, jeden von zwei Viertelnoten, die auf die letzt angezeigte Art marquiret werden, eingeteilt. Er verträgt übrigens alle Notengattungen und hat einen zwar ernsthaften und gesetzten, aber keinen schweren gravitätischen Gang und ist sowohl in der Kammer- und theatralischen Schreibart als auch in der Kirche, von vielfältigem Gebrauch.

3) Der Vierachteltakt, 4/8. Couperin hat in seinen vortreflichen Klavierstücken sich hin und wieder dieses Taktes bedient, anzudeuten, dass die Achtel nicht wie in große 2/4 also: sondern alle gleich schwer, nämlich also: vorgetragen werden sollen, wodurch auch die Bewegung dieses Taktes bestimmt wird, die nämlich nicht so langsam als der vorhergehende Takt, aber auch nicht so geschwind als der große 2/4 sein kann. Dieses vorausgesetzt, wird jedermannn fühlen, dass folgender Satz in jeder anderen Taktbezeichnung, die ihm zukommen kann, folglich in jedem anderen Vortrag, wirklich etwas anders als hier, ausdrückt: Wird jede der vier Zeiten der letzten zwei dieser Taktarten auch in drei Teile geteilt, wie oben, so entstehen folgende zwei:

1) Der Zwölfachtel , 12/8 und

2) Der Zwölfsechzehnteltakt 12/16 deren Vortrag, natürliche Bewegung und Charakter leicht aus dem vorhergehenden erkannt werden kann.

Mit den ungeraden oder Tripeltakten hat es die nämliche Bewandnis, wie mit den geraden. Vortrag und Bewegung werden durch die längern oder kürzern Notengattungen, die jeder Taktart eigen sind, bestimmt; nämlich schwer und langsam bei jenen und leichter und lebhafter bei diesen. Überhaupt bringt die ungerade Taktart wegen der gedritten Fortschreitung ihrer Hauptzeiten eine größere Lebhaftigkeit in jedem Ausdruck und ist daher zur Schilderung lebhafter Gemütsbewegungen schicklicher als die gerade Taktart. Sie besteht aus folgenden Takten:

1) Der Dreizweiteltakt, 3/2.

2) Der Dreivierteltakt, 3/4; und

3) Der Dreiachteltakt, 3/8; zu welchen noch

4) Der Dreisechzehnteltakt, 3/16 gerechnet werden könnte, der, ob er gleich nicht im Gebrauch ist, doch in der Tat der einzige ist, der den äußerst leichten und geschwinden Vortrag vieler englischen Tänze, die allgemein in 3/8 geschrieben sind, am richtigsten bezeichnen würde. Denn bei der natürlichen Bewegung des 3/8 oder eines Passepieds, fühlt man außer dem Hauptgewicht der ersten Taktnote noch ziemlich deutlich das Gewicht der übrigen Zeiten; auch verträgt dieser Takt Sechzehnteile: hingegen vereinigen sich die drei Zeiten des große3/16 ganz in einer einzigen Zeit und man kann nur eins bei jedem Niederschlag, aber nicht drei zählen; dies ist der Fall bei den erwähnten englischen Tänzen und vielen anderen Stücken, die in große3/8 geschrieben und wegen ihres flüchtigen Vortrages keine Sechzehnteile in sich enthalten können.

Werden die Hauptzeiten der ersten drei dieser Takte in ein Gedrittes geteilt, wie oben bei den geraden Taktarten, so entstehen noch folgende Tripeltakte:

1) Der Neunvierteltakt, 9/4, aus dem 3/2.

2) Der Neunachteltakt, 9/8, aus dem 3/4; und

3) Der Neunsechzehnteltakt, 9/16 aus dem 3/8, die noch weit lebhafter als ihre Nebentakte von Charakter und daher zum fröhlichen Ausdruck vorzüglich geschickt sind; doch behält der 9/4 wegen seiner größeren Notengattungen und seines schwereren Vortrags noch einen gesetzten Gang, der der Kirche anständig ist; der 9/8 hingegen ist weit hüpfender und wird hauptsächlich zu Giquenartigen Stücken gebraucht; der 9/16 ist äußerst tändelnd und lebhaft.

Alle bisher angezeigte Taktarten sind von der Beschaffenheit, dass jeder Takt derselben nur einen Fuß ausmacht, der aus Teilen besteht, die unter einander an innerer Länge und Kürze verschieden sind. Eigentlich hat jeder gerade Takt zwei Haupttaktteile, deren erster lang und der zweite kurz ist. z.B. Werden die Noten aber in kleinere Gattungen eingeteilt, z.B. Viertel im Allabrevetakt, so erhält die erste Note des zweiten Taktteiles schon ein größeres Gewicht und die Viertel verhalten sich unter sich wie die Taktteile. Z.B. Besteht der Takt aus noch kleineren Teilen, aus Achteln, so sind auch diese an innerlicher Quantität von einander unterschieden. Z.B. Aus dieser letzten Vorstellung wird die Verschiedenheit der längern und kürzern Teile eines geraden Takts deutlich. Die erste Note hat das größte Gewicht, weil jede Notengattung über ihr lang erscheint und gefühlt wird. Da die Schlussnote eines Stücks oder einer Periode, allezeit eine wichtige Note sein muss, so kann sie in allen angezeigten geraden Taktarten nur auf der ersten Note des Takts fallen und den ganzen Takt durchdauren, wenn der Schluss vollkommen sein soll. Überhaupt müssen die Hauptaccente eines Satzes allezeit auf der ersten Note des Takts fallen; die weniger wichtigen Akzente fallen auf der ersten Note der zweiten Hälfte des Takts; und auf den übrigen Teilen nach Beschaffenheit ihrer inneren Länge und Kürze, die Töne ohne Akzent und die durchgehenden oder ganz kurzen Noten. Hieraus erhellt, dass die Teile oder Silben der musikalischen Füße weit mannigfaltiger an der inneren Quantität sind als der poetischen; und dass ein Poet, der musikalische Verse machen will, nicht allein auf die Länge und Kürze der Silben, sondern zugleich auf die Akzente der Hauptworte sein Augenmerk richten müsse, damit sie in jedem Vers auf der rechten Stelle vorkommen.

Die Verschiedenheit der inneren Quantität der Taktteile in der ungeraden Taktart ist aus folgender Vorstellung zu sehen: Die Anwendung von der Behandlung dieser Taktteile in Absicht ihres verschiedenen Gewichts und der darauf zu legenden Akzente ist nach dem, was von den geraden Taktarten gesagt worden, leicht zu machen. Doch ist von dem Tripeltakt noch anzumerken, dass die zweite Zeit auch lang gebraucht werden kann: doch nur in dem Fall, wenn der Einschnitt auf der ersten Zeit fällt, wie hier: Ist die Bewegung aber geschwind oder besteht der Takt aus triplierten Zeiten, wie der 12/8, der 6/4 und die übrigen auf diese Art entstehende Takte, so hat der Tripel allezeit die erste Quantität, nemlich und die übrigen Zeiten verhalten sich unter sich, nachdem sie gerade oder ungerade sind. Z.B. Nach dem, was von der inneren Quantität der Taktteile angezeigt worden, bedarf es wohl keines Beweises, dass der 6/4 von dem 3/2 oder der 6/8 von dem 3/4, obgleich beide Takte dieselbe Anzahl einerlei Notengattungen in sich begreifen, durch das verschiedene Taktgewicht unendlich von einander unterschieden sind. Folgende Vorstellung macht diese Verschiedenheit deutlich: Nun bleibt uns noch anzuzeigen übrig, 1) wie zwei Takte zusammengesetzt und in eins gezogen werden können, 2) von welcher Notwendigkeit die zusammengesetzten Taktarten und 3) wie sie von den einfachen unterschieden sind. Um sich von allen diesem einen deutlichen Begriff zu machen, versuche man über diese Worte: Ewig in der Herrlichkeit! Noten von gehöriger Länge und Kürze mit Beobachtung der Akzente und des Taktgewichts zu legen. Da es lauter Spondäen sind, so scheint ein Takt von zwei Zeiten, z.B. der 2/4 Takt hierzu am schicklichsten zu sein; folglich stünden die Noten also: Die langen und kurzen Silben des poetischen Fußes wären genau beobachtet; die Schlussnote fiel auf die erste Taktnote und der Rhythmus wäre vollkommen richtig. Aber man bemerke, dass das Wort in und die letzte Silbe von Herrlichkeit, die doch in der Aussprache von gar keiner Wichtigkeit sind, hier, da sie auf der ersten Note des Taktes fallen, das gröste Gewicht erhalten. Dieses nun zu vermeiden, ist auf keine andere Weise möglich als wenn man zwei dieser Takte zusammenzieht und daraus nur einen einzigen macht, also: Dadurch werden die beiden Silben in der Mitte des Takts und zwar auf dessen schwache oder kurze Zeit gebracht, wo sie zwar auch noch einen Akzent behalten, der aber lange nicht so schwer als der erste und bei der letzten als Schlusssilbe, notwendig ist. Ein entgegengesetztes Beispiel wird dieses noch deutlicher machen. Man versetze diesen Satz: in den zusammengesetzten geraden Takt, so werden die Wörter mein und sein allen Nachdruck verlieren, weil sie nicht Taktgewicht genug erhalten. So wie nun in zwei Versen, die übrigens aus denselben Füßen bestehen, das Hauptwort bald vorn, bald in der Mitte, bald am Ende stehen kann, so können auch zwei melodische Sätze, die aus denselben Rotengattungen und demselben Takt- oder Zeitmaß bestehen, den Akzent an verschiedenen Orten haben. In der Poesie bringt dieser Umstand keine Veränderung der Versart hervor; in der Musik hingegen wird dadurch der Takt bestimmt, der den Ort des Akzents und sein Gewicht allemal angibt, die alsdenn, so lange das Stück in demselben Takt fortgehet, durchgängig festgesetzt bleiben. Daher wenn der Gesang die Einteilung des 2/4 Takts hat, aber den Hauptaccent nicht bei jeder ersten Taktnote, sondern nur von zwei zu zwei Takten verträgt, muss er in dem aus zwei 2/4 zusammengesetzten geraden Takt geschrieben werden, z.B. Wäre dieser melodische Satz in 2/4 geschrieben, so erhielten die mit + bezeichneten Noten ein schwereres Taktgewicht und gleichsam eine falsche Decklamation im Vortrag.

Hieraus erhellt die Notwendigkeit der zusammengesetzten Taktarten, die wir nun in folgender Vorstellung anzeigen wollen. Die oberen Taktzeichen zeigen die Taktarten an, aus denen die unteren zusammengesetzt sind. Ob nun gleich jede dieser zusammengesetzten Taktarten in anderen Umständen einfach ist, so sind sie doch in Ansehung ihrer inneren Beschaffenheit sehr von einander unterschieden. Der einfache Takt macht durchgängig nur einen einzigen Fuß aus; die Schlussnote kann daher nur auf die erste Taktnote fallen und den ganzen Takt durchdauren: der zusammengesetzte hingegen teilt den Takt in zween Teile oder zwei Füße; die Schlussnote trifft allezeit auf die Hälfte des Takts, und dauert auch nur die Hälfte desselben durch. Es ist daher fehlerhaft, wenn man in ein Stück die Schlussnote bald auf der ersten Taktnote, bald auf der Hälfte desselben antrifft; dieses kann nur entstehen, wenn beide Taktarten unschicklich mit einander verwechselt oder irgendwo der Rhythmus verfehlet worden. Eben so fehlerhaft ist es, wenn in einer einfachen Taktart die Schlussnote einer Tonart, in der man ausgewichen ist, nicht den ganzen Takt, sondern nur die Hälfte desselben durchdauret und der erste Satz in der Mitte des Takts wieder anfängt; dadurch kommen die Taktstriche, folglich das Taktgewicht auf der unrechten Stelle und das Stück wird entweder verkehrt vorgetragen oder erschwert demjenigen, der es wirklich recht vorträgt, die Arbeit sehr, weil er anders singen oder spielen muss, als ihm vorgeschrieben ist.

Bewegung und Vortrag der zusammengesetzten Taktarten kommen übrigens mit den einfachen, aus denen sie zusammengesetzt sind, überein.

Da das Mechanische des Takts ein wichtiger, schwerer, aber überaus wirksamer Teil der Setzkunst ist, so ist allen angehenden Tonsetzern zu raten, sich in Tanzstücken aller Art aufs sorgfältigste zu üben und die Ausarbeitungen der ältern Franzosen, vornehmlich des Couperin, dessen mannigfaltige Behandlung der verschiedenen Taktarten und Genauigkeit im Rhythmus fast ohne Beispiel ist, sich zum Muster zu nehmen.

 

__________________

1) S. Gesang, Melodie, Musik, Rhythmus.

2) S. Rhythmus.

3) Man findet in Roußeaus Dict. de Musique Planche B. Fig. X. ein Stück im 5/4 Takt, das ohngeachtet Roußeau darin un chant trés bien cadencé zu finden glaubt, uns vielmehr sehr verworren und unfaßlich vorkommt. Telemann, der nur gar zu gern dem Sonderbaren anhieng, hat in seinen Kirchenstücken so gar ganze Chöre in diesem und anderen ihm ähnlichen chimärischen Takten gesetzt, die den Sängern und dem Zuhörer gleich ermüdend sind.

4) Seine Worte sind: Si tous ces signes (de Mesure) sont institués pour marquer autant de différentes sortes de Mesures, il y en a beaucoup trop; & s'ils le sont pour exprimer les divers degrés de Mouvement, il n'y en a pas assetz; puisque, indépendamment de l'espece de Mesure & de la division des Tems, on est presque toujours contraint d'ajouter un mot au commencement de l'Air pour determiner le Tems. V. Dict. de Mus. Art. Mesure. Hieraus ist zu vermuten, dass Roußeau kein sonderlicher Praktiker sein müsse, sonst würde seinem scharfen Beobachtungsgeiste die Verschiedenheit des Vortrages und der Bewegung, der verschiedenen geraden oder ungeraden Takte, nicht unbemerkt geblieben sein.

5) S. Alla Breve.

 


 © textlog.de 2004 • 19.04.2024 23:18:22 •
Seite zuletzt aktualisiert: 23.10.2004 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright  A  B  C  D  E  F  G  H  I  J  K  L  M  N  O  P  Q  R  S  T  U  V  W  Z