Denudation granitischer Bodenflächen


Diese Bemerkungen beziehen sich hauptsächlich auf litorale und sublitorale Ablagerungen. In einem weiten und seichten Meere dagegen, wie in einem großen Teile des Malayischen Archipels, wo die Tiefe nur von 30 oder 40 bis zu 60 Faden wechselt, dürfte während der Zeit der Erhebung eine weit ausgedehnte Formation entstehen, und auch während ihres langsamen Erhebens durch Abtragung nicht sonderlich leiden. Aber die Mächtigkeit dieser Formation dürfte nicht bedeutend sein, da sie wegen der aufwärts gehenden Bewegung der Tiefe des seichten Meeres, in dem sie sich bildete, nicht gleichkommen kann; sie könnte ferner nicht sehr konsolidiert noch von späteren Bildungen überlagert sein, so dass sie bei späteren Bodenschwankungen wahrscheinlich durch atmosphärische Einflüsse und die Wirkung des Meeres bald ganz verschwinden würde. HOPKINS hat indes vermutet, dass, wenn ein Teil der Bodenfläche nach seiner Hebung und vor seiner Entblössung wieder sinke, die während der Hebung entstandene, wenn auch wenig mächtige Ablagerung durch spätere Niederschläge geschützt, und so für eine sehr lange Zeitperiode erhalten werden könnte.

HOPKINS sagt auch ferner, dass er die gänzliche Zerstörung von Sedimentschichten von großer wagerechter Ausdehnung für etwas Seltenes halte. Aber alle Geologen, mit Ausnahme der wenigen, welche in den metamorphischen Schiefern und plutonischen Gesteinen noch den einst glühenden Primordialkern der Erde erblicken, werden auch annehmen, dass von den Gesteinen dieser Beschaffenheit große Maßen deckender Schichten abgewaschen worden sind. Denn es ist kaum möglich, dass diese Gesteine in unbedecktem Zustande sollten fest und krystallisiert worden sein; war aber die metamorphosierende Tätigkeit in großen Tiefen des Ozeans eingetreten, so brauchte der frühere schützende Mantel nicht sehr dick gewesen zu sein. Nimmt man nun an, dass solche Gesteine wie Gneiss, Glimmerschiefer, Granit, Diorit u.s.w. einmal notwendigerweise bedeckt gewesen sind, wie lassen sich dann die weiten und nackten Flächen, welche diese Gesteine in so vielen Weltgegenden darbieten, anders erklären, als durch die Annahme einer späteren Entblössung von allen überlagernden Schichten? Dass solche ausgedehnte granitische Gebiete bestehen, unterliegt keinem Zweifel. Die granitische Region von Parime ist nach HUMBOLDT wenigstens 19 mal so groß wie die Schweiz. Im Süden des Amazonenstroms zeigt Boufis Karte eine aus solchen Gesteinen zusammengesetzte Fläche so groß wie Spanien, Frankreich, Italien, Großbritannien und ein Teil von Deutschland zusammengenommen. Diese Gegend ist noch nicht genau untersucht worden, aber nach den übereinstimmenden Zeugnissen der Reisenden muss dieses granitische Gebiet sehr groß sein. So gibt VON ESCHWEGE Einen detaillierten Durchschnitt desselben, der sich von Rio de Janeiro an in gerader Linie 260 geographische Meilen weit landeinwärts erstreckt, und ich selbst habe ihn 150 Meilen weit in einer andern Richtung durchschnitten, ohne ein anderes Gestein als Granit zu sehen. Viele längs der ganzen 1100 englische Meilen langen Küste von Rio de Janeiro bis zur Platamündung gesammelte Handstücke, die ich untersucht habe, gehörten sämtlich dieser Klasse an. Landeinwärts sah ich längs des ganzen nördlichen Ufers des Platastromes, abgesehen von jungtertiären Gebilden, nur noch einen kleinen Fleck mit schwach metamorphischen Gesteinen, der allein als Rest der frühern Hülle der granitischen Bildungen hätte gelten können. Wenden wir uns von da zu besser bekannten Gegenden, zu den Vereinigten Staaten und zu Kanada. Indem ich aus H. D. ROGER's schöner Karte die den genannten Formationen entsprechend kolorierten Stücke herausschnitt und das Papier wog, fand ich, dass die metamorphischen (ohne die »halbmetamorphischen«) und granitischen Gesteine im Verhältnisse von 190 : 125 die ganzen jüngeren paläozoischen Formationen überwogen. In vielen Gegenden würden die metamorphischen und granitischen Gesteine natürlich sehr viel weiter ausgedehnt sein, als sie es zu sein scheinen, wenn man alle ihnen ungleichförmig aufgelagerten und unmöglich zum ursprünglichen Mantel, unter dem sie krystallisierten, gehörigen Sedimentschichten von ihnen abhöbe. Somit ist es wahrscheinlich, dass in manchen Weltgegenden ganze Formationen vollständig fortgewaschen worden sind, ohne dass auch nur eine Spur von ihnen übrig geblieben ist.

Eine Bemerkung ist hier noch der Erwähnung wert. Während der Erhebungszeiten wird die Ausdehnung des Landes und der angrenzenden seichten Meeresstrecken vergrößert, und werden oft neue Wohnorte gebildet: alles für die Bildung neuer Arten und Varietäten, wie früher bemerkt worden, günstige Umstände; aber gerade während dieser Perioden werden Lücken in dem geologischen Berichte bleiben. Während der Senkung wird andererseits die bewohnte Fläche und die Anzahl der Bewohner abnehmen (die der Küstenbewohner etwa in dem Falle ausgenommen, dass ein Kontinent in Inselgruppen zerfällt wird); wenngleich daher während der Senkung viele Arten erlöschen, werden doch nur wenige neue Varietäten und Arten gebildet werden; und gerade während solcher Senkungszeiten sind unsere großen an Fossilien reichsten Schichten abgelagert worden.


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