Diskant

Diskant. (Musik) Eine der vier Hauptgattungen, in welche die menschliche Stimme in Ansehung ihrer Höhe eingeteilt wird und zwar die höchste, welche nur Kinder oder die weibliche Kehle oder Kastraten erreichen. Diese Stimme wird deswegen von den Italienern Soprano und von den Franzosen le Dessus, die oberste genannt. Hiernach nennt man auch den für diese höchste Stimme gesetzten Gesang den Diskant, dem man auch im Schreiben der Noten die oberste Stelle gibt.

Man unterscheidet aber in der Diskantstimme wieder zwei Mittelarten, die der hohe und der tiefe Sopran genannt werden. Dieser letztere scheint wegen der Fülle des Tones vor dem anderen einen Vorzug zu haben.

Es lässt sich aus dem Namen dieser Stimme, der eigentlich so viel als einen zweiten Gesang bedeutet, mutmaßen, dass in den alten Zeiten der Gesang nur einstimmig gewesen und dass geschickte Sänger, die diese Stimme mitsingen sollten, durch ein natürliches Gefühl der Harmonie geleitet, eine andere in harmonierenden Intervallen dazu gesungen haben*), dass danach dieses die Tonsetzer auf die Gedanken gebracht hat, zwei oder noch mehr Stimmen zugleich singen zu lassen, woraus denn endlich der harmonische vielstimmige Gesang entstanden und durchgehends einige führt worden.

Der Diskant ist überall, wo er vorkommt, die Hauptstimme, weil er die höchste ist; folglich muss der Setzer allemal auch den größten Fleiß auf denselben wenden. Wenn er sich gehörig ausnehmen soll, so müssen die sogenannten vollkommenen Konsonanzen, nämlich die Oktave und die Quinte, so viel möglich darin vermieden werden, damit sich dieser oberste Gesang desto besser ausnehme.

Da ferner die höchsten Töne weniger nachklingen als die tieferen, so ist es der Natur dieser Stimme ganz gemäß, dass sie mehr kurze Noten oder sogenannte Diminutiones habe als jede andere Stimme, insonderheit in Tonstücken für solche Instrumente, die den Ton nicht anhalten können. Es ist ohnedem der Natur gemäß, dass höhere Stimmen schneller reden und singen als tiefe, welche durch ein zu geschwindes Fortschreiten von einem Tone zum anderen eine Verwirrung verursachen würden. S. Teilung.

Aus eben diesem Grunde schicken sich alle Arten der melismatischen Auszierungen, die Setzer und Sänger anzubringen pflegen, in diese Stimme am besten, die wegen ihrer Höhe weder der lieblichen Bebungen, noch der sanften Schleifungen und anderer zum Nachdruck gehöriger Veränderungen, wodurch die tiefere Töne oft so sehr reizend werden, in dem Grad fähig ist als andere Stimmen.

 

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*) Deutlich erhellet dieses aus folgender Stelle des Johann von Muris, die Rousseau in seinem Wörterbuch unter dem Wort Diskant anführt. DISCANTAT , qui simul cum uno vel pluribus dulciter cantat, ut ex distinctis sonis sonus unus fiat, non unitate simplicitatis, sed dulcis concordisque mixtionis unione. Diese concors mixtio zeigt deutlich das, was wir jetzt Harmonie nennen, an. Wie denn das, was wir jetzt Konsonanz nennen, ehedem Konkordanz genannt worden ist.


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