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Monade

Monade (gr. monas) heißt eigtl. Einheit, bezeichnet also den Grund-Zahlbegriff, aus dem alle anderen Zahlen entstehen, wie denn auch Eukleides sagt (Elem. 7, 1-2): Monade ist der Begriff, durch den ein jeder Gegenstand, der ist, eins genannt wird, und: die Zahl ist eine aus Monaden zusammengesetzte Vielheit, Monas esti kath’ hên hekaston tôn ontôn hen legetai. – ’Arithmos de to ek monadôn synkeimenon plêthos. – Von vornherein aber verband die Philosophie mit dem arithmetischen Begriff auch eine metaphysische Bedeutung. So stellt Pythagoras (ca. 500 v. Chr.) Monas und Dyas (Einheit und Zweiheit) als Prinzipien nicht nur der Zahlen, sondern auch der Dinge auf. Platon (427 bis 347) verstand unter den Monaden oder Henaden die Ideen, die allgemeinen Begriffe, denen substanzielles Dasein zukommt, und welche die ewigen Wesenheiten der Dinge sind. Auch die Atome des Leukippos, Demokritos und Epikur wurden als Monaden bezeichnet. Demgemäß nahm Giordano Bruno (1548-1600) als Prinzipien sog. Minima oder Monaden an, die ihm punktuell, doch nicht schlechthin unausgedehnt, sondern sphärisch und sowohl psychisch als auch materiell waren. Diesen Gedanken bildete Leibniz (1646-1716) um. Seine Monaden sind in sich geschlossene, vollendete, selbständige, punktuelle Einheiten (Entelechien), sich selbst genügend (mit Autarkie), ohne Wechselverkehr nach außen (sie haben „keine Fenster“), aber mit Vorstellungskraft. Sie sind unräumlich und dem Wesen nach Seelen; Leibniz nennt sie daher auch „âmes“. Der Form nach kommt also bei Leibniz der metaphysischen Substanz Einheit und Individualität zu, dem Inhalte nach Vorstellung. Diese hat aber verschiedene Grade: Sie ist bloße Perzeption, d.h. verworrene, zum Teil unbewußte Vorstellung, oder Apperzeption, d.h. Vorstellung mit Bewußtsein und Erinnerung, oder endlich noch mit Reflexion und dem Bewußtsein allgemeiner Wahrheiten verbundene Vorstellung. Obgleich Leibniz sich die Monaden als unveränderlich und ewig denkt, nimmt er doch im Widerspruch damit noch theistisch einen Gott als Urmonade an, deren Effulgurationen, die andern Monaden sein sollen. Den Zusammenhang zwischen den Monaden findet Leibniz in der prästabilierten Harmonie. (Vgl. Kirchner, Leibniz’ Psychologie. 1875.) Sein Gedanke ward nach Kant, der die Monadenlehre Leibniz’ in der Kr. d. r. V. bekämpfte (Amphibolie der Reflexionsbegriffe), wieder von Herbart (1776 bis 1841) aufgenommen, der als metaphysische Prinzipien die Realen aufstellt, d.h. einfache, unräumliche, quantitätslose, an sich unveränderliche Einheiten von einfacher Qualität. Aber diese Realen sind nicht wie bei Leibniz innerlich lebendig und mit Vorstellungskraft, sondern mit der Kraft der Selbsterhaltung wider Störungen ausgestattet. Obgleich die Realen von einfacher Qualität sind, so sind sie doch verschieden und bringen durch ihr „Zusammensein“ alle körperlichen und geistigen Vorgänge hervor. Lotze (1817-1881) verband Spinozismus und Leibnizische Monadologie und nahm als das wirksame Reale in der Natur unendlich viele diskrete Ausgangspunkte der Wirkungen an, ließ aber diese Kraftzentren durch eine Substanz, die jedoch persönlich gedacht ist, umfaßt werden. Ähnliche Auffassungen der Monaden finden sich bei J. H. Fichte (1796-1879), M. Carriere. Vgl. J. Frohschammer, Monaden und Weltphantasie. 1879. Die Monaden werden also in der Regel als die letzten Bestandteile des Daseins, als unendlich an Zahl und als metaphysische Einheiten gedacht, während den entsprechenden physischen Einheiten in der Regel der Name Atom verbleibt. – Monaden im naturwissenschaftlichen Sinne sind nicht Atome, sondern so viel als Korpuskeln (s. d.).